SWR4 Abendgedanken
Manchmal kann ich im Moment nur mit dem Kopf schütteln. Als wären die vielen Krisen auf der Welt nicht schon genug. Jetzt habe ich in der Nachbarschaft auch noch mitbekommen, wer alles mit einer schweren Krankheit zu kämpfen hat. Dann muss ich den Partner eines Gemeindeglieds beerdigen, der viel zu früh gestorben ist. Was für ein Schicksalsschlag für die Familie, die Freunde. Und dann noch der Blick auf mein Handy. Wenn ich auf Facebook oder Instagramm wieder einmal über die Hasskommentare stolpere: Über Ausländer oder Inländer, Politiker oder Promis, über Eltern, die ihre Kinder nicht richtig erziehen.
Das alles zusammen lässt mich sprachlos zurück – ohne Sprache, ohne Worte. In diesen Momenten bin ich dann froh, dass ich die Worte nicht immer selber finden muss. Denn, wenn ich sprachlos bin, kann ich mir eine Sprache leihen. Wörter leihen, die dann vielleicht trösten können. Oder zumindest zeigen können, dass es weitergeht.
Diese Sprache finde ich dann in den Gebeten und Liedern der Bibel. Zum Beispiel im „Vater unser“. Es ist ein Gebet, in dem ganz viel Vertrauen steckt. Es ist das Gebet eines Kindes zu seinem Vater. Zu einem Vater im allerbesten Sinn. Der für seine Kinder alles tun würde.
Ich finde, dass in diesen Worten eigentlich alles drinsteckt. Das, was mich sprachlos macht und das, was mir trotzdem Hoffnung gibt. „Erlöse uns von dem Bösen“ heißt es da z.B. Das wünsche ich mir wirklich. Dass Kriege, Gewalt und der Terror irgendwann aufhören. Vor allem, dass es nicht immer schlimmer und schlimmer wird. Das wünsche ich allen kranken Menschen. Dass sie nicht leiden müssen und Hoffnung haben.
Da heißt es aber auch: „vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern…“. Da steckt Hoffnung drin und Neuanfang. Die Möglichkeit aufeinander zuzugehen und all die unschönen Dinge auf unserer Welt zu überwinden.
Und in dem Gebet heißt es auch: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe …“.
Das heißt für mich: Ich kann auf Gott vertrauen. Ich bin nicht allein, denn Gott möchte uns heil machen. Er will es gut machen. Und so können wir gemeinsam dazu beitragen, dass sein Wille geschehe.
Ich bin noch nicht bereit aufzugeben. Ich glaube, dass es auch bessere Zeiten geben kann. Gott ist da und er meint es gut mit mir und den Menschen. Das macht mir Mut und leiht mir Worte der Hoffnung, wenn ich selber keine habe.
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