SWR3 Gedanken
Wenn man im Radio spricht, dann ist es etwas ganz Besonderes zu wissen, dass einem sehr viele Menschen zuhören bei dem, was man zu sagen hat. Aber auch sonst, in eher alltäglichen Situationen, ist es alles andere als selbstverständlich: Jemanden zu finden, der einem wirklich zuhört, ist ein echter Schatz!
„Jeder Mensch soll in der Lage sein, gut zuzuhören. Aber er soll nicht sofort zu allem etwas sagen und erst recht nicht leicht zornig werden.“ Wie in einem Coaching-Leitfaden bringt es der Apostel Jakobus hier auf den Punkt. Wir sollten alle einander zuhören. Und gutes Zuhören macht eben auch aus, nicht alles Gesagte umgehend zu kommentieren und einzuordnen. Manchen Worten und Gedanken tut es gut, erst einmal so stehenzubleiben. Gehört zu werden. Manches muss „nachhallen“, damit Sinn und Bedeutung des Gesagten sich richtig entfalten können.
Und ja – manchmal merkt man beim ersten Zuhören vielleicht gar nicht direkt bewusst, dass die Worte bei einem selbst etwas auslösen. Emotionen, manchmal vielleicht auch so etwas wie Zorn, oder Unverständnis, oder Ärger… Mich entlastet, dass das Zuhören gar nicht so viel braucht. Keine klugen Worte oder Ratschläge. Zuhören – das meint erst einmal, mit offenem Herzen und echtem Interesse beim anderen zu sein – und das ist schon so viel! Mit einem wachen Blick für das eigene Empfinden. Das genauso seinen Raum braucht und haben darf. Ich würde die Worte von Jakobus darum vielleicht ein bisschen umformulieren: Statt „Jeder sollte in der Lage sein“, denke ich, „Jeder Mensch ist in der Lage zuzuhören“. Das ist trotzdem oft genug anstrengend, aber so wichtig.
Damit nicht nur wir Menschen im Radio Zuhörerinnen und Zuhörer haben, sondern alle. Zuhören und jemanden zum Zuhören haben – damit wir uns wirklich verstehen können!
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