SWR4 Abendgedanken
Auf meinem Bett liegt ein Reisekoffer aufgefaltet und noch leer. Jedes Mal, bevor eine Reise losgeht, fällt es mir schwer zu entscheiden, was mit soll. Meistens pack ich einfach wild ein, was ich zu fassen bekomme und setze mich zum Zumachen dann auf den Koffer. Wenn ich dann den vollen Koffer über die Piazza trage und der Weg zur Unterkunft nicht enden will fällt mir auf – ich hab viel zu viel mitgenommen. Viel zu viel, was ich eigentlich nicht brauche.
Doch dieses Mal soll es anders laufen. Ich habe mir nämlich vorher eine Packliste geschrieben. Heißt: Ich nehme mit, was ich mir vorher aufgeschrieben habe. Das macht es mir einfacher zu sehen, ob ich erstens alles Wichtige dabei habe. Und zweitens laufe ich damit weniger Gefahr doch zu viel einzupacken.
So wie bei meinem Reisegepäck geht es mir auch im Alltag. Dort sind es Gedankenpakete, die meinen Kopf füllen und immer wieder zu Ballast werden. Auch hier habe ich immer zu viel im Kopf. Das Reisegepäck meines Lebens. Da findet sich allerlei Schönes – Andenken meiner Kindheit und Jugend. Schöne Erinnerungen mit Menschen, die mir wichtig sind. Dann auch welche mit Leuten, die mir wichtig waren. Da gibt es aber auch Dinge, die ich mit mir herumschleppe, die mich runter ziehen – mir das Weiterlaufen schwer machen. Dinge von früher. Ein ungeklärter Streit oder Verletzungen von anderen. Wenn ich mir zu viele Gedanken mache, nicht abschalten kann, dann ist’s auch hier viel zu viel. Das macht mir mein Leben richtig schwer.
Ich weiß, dass es nicht leicht ist, diese Dinge einfach aus meinem Kopf zupacken und hinter mir zu lassen. Mit Gedanken und Erinnerungen ist es ja eben anders als mit Kleidungsstücken in einem Koffer. Vielleicht hilft es mir da ja doch so eine Art Packliste für mich zu machen. Auf diese Liste kommen Dinge, die mir wichtig sind. Menschen, die mir guttun. Erlebnisse, die mich stärken. Eben die Packliste meines Lebens. Schön gestaltet steht sie auf meinem Schreibtisch. Auf einem anderen Blatt stehen Dinge, die mich belasten. Dieses Blatt zerknülle ich und werfe es weg, wenn ich soweit bin. Mir das bewusst zu machen, aufzuschreiben und wegzuwerfen hilft mir ein stückweit.
Und mit der Packliste meines Lebens vor Augen sehe ich im Alltag dann immer wieder eine andere Perspektive. Etwas, woran ich mich erfreue, wenn es mal nicht so läuft, es mega stressig ist und der Kopf voll. Packlisten schaffen Ordnung in meinem Leben. Für die nächste Reise und in meinem Kopf.
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