SWR3 Gedanken
Es fällt mir wirklich schwer Zeug loszuwerden, denn ich bekomme vieles nochmal repariert oder ich hänge einfach an vielen Dingen. So zum Beispiel an unserer alten Couch. Sie ist aus weißem Kunstleder und als sie in die Jahre gekommen ist, haben wir sie raus aus dem Wohnzimmer und zum Outdoor-Sofa umfunktioniert. Aber jetzt war das falsche Leder nur noch am Bröseln und sie hat muffig gerochen. Also mussten meine Frau und ich uns schweren Herzens von unserer Couch trennen.
Am späten Abend haben wir sie zum Sperrmüll an den Straßenrand getragen. Auf ihr haben wir Fußball geschaut, haben Freunde übernachtet und manche lange Sommernacht haben mein Schwiegervater und ich auf ihr gesessen und über das Leben philosophiert.
Loslassen – denke ich, als ich am nächsten Morgen sehe, wie die Leute von der Müllabfuhr unser Sofa sorglos in den Wagen schmeißen. Loslassen – das ist auch eine der großen und wahrscheinlich schwersten Lektionen im Leben. Bei uns ist es nur um eine Couch gegangen, aber es gibt viel Schwerwiegenderes loszulassen: Kinder, die selbständig werden, Haustiere, die sterben, Freundschaften, die in die Brüche gehen oder sogar liebe Menschen, die von uns gehen. Loslassen ist nie einfach und manchmal entsteht eine Lücke, für die es nie einen echten Ersatz geben wird. Und natürlich macht es auch einen ganz großen Unterschied, ob ich was loslasse und dazu einwilligen konnte oder ob ich zum Loslassen gezwungen wurde.
Unser Leben erneuert sich ständig, so wie sich die ganze Schöpfung auch immer weiter entwickelt. Deshalb wird es immer unsere Aufgabe sein, dass wir loslassen und uns dann wieder neu orientieren. Da brauche ich irgendwo noch einen festen Boden unter meinen Füßen. Und der ist für mich Gott: Er ist immer da und er geht jeden Schritt mit.
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