Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Pilgern ist in Mode. Ich hab’s neulich auch mal probiert, vor wenigen Tagen, zum ersten Mal in meinem Leben und ich habe erlebt: Gemeinsam gehen bringt nicht nur den Körper in Gang, sondern auch die Beziehungen - zu anderen Menschen und zu Gott.

Ich war mit Kolleginnen und Kollegen auf dem Jakobsweg unterwegs. Nicht mehrere Wochen, sondern nur drei Tage. Und auch nicht durch Nordspanien nach Santiago de Compostela, sondern von der Schwäbischen Alb zum Bodensee. Aber die 70 Kilometer waren für einen, der viel am Schreibtisch sitzt und sich wenn überhaupt mit dem Auto oder dem Fahrrad fortbewegt, eine echte Herausforderung. Mein linker Fuß tut mir jetzt noch weh. Trotzdem hat es sich gelohnt.
Denn mir ist aufgefallen, dass man sich beim Pilgern viel besser unterhalten kann, als wenn man zum Beispiel miteinander in einem Raum sitzt. Und obwohl wir uns schon lange kennen, habe ich manchen Kollegen und manche Kollegin in diesen drei Tagen besser kennen gelernt als in den drei Jahren zuvor.
Vielleicht haben uns der gemeinsame Weg und das gemeinsame Ziel zusammenrücken lassen. Vielleicht auch, dass die Gemeinschaft nicht erzwungen war. Es war jederzeit möglich für sich allein zu laufen. Jeder konnte selbst wählen, ob er gerade ein bisschen Abstand brauchte oder sich mit anderen unterhalten wollte.
Und noch eins ist mir aufgefallen bei meiner ersten Pilgerreise: Auf dem Weg habe ich nicht nur meine Mitpilger besser kennen gelernt, sondern auch Gott. Ich habe erlebt: mit Gott sprechen, also beten, kann man nicht nur in der Kirche oder zu Hause, sondern auch sehr gut unterwegs.
Wenn es beim Pilgern durch Täler und auf Höhen hinauf ging, habe ich mich oft an einen Psalm aus der Bibel erinnert. Da wird das Leben eines Menschen mit einem Weg verglichen. „Und ob ich schon wanderte im Finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir“, sagt da ein Mensch zu Gott.
Gott begleitet Menschen auf ihren Lebenswegen. Die Bibel beschreibt von Anfang wie er mitgeht durch die Veränderungen des Lebens hindurch. Gott ist mit Abraham mitgegangen als der seine gewohnte Umgebung verlassen hat, mit Jakob als der vor seinem Bruder Esau fliehen musste. Er ist mit Mose mitgegangen und mit dem Volk Israel.
So wie Gott mein Begleiter auf dem Pilgerweg war, so begleitet er mich auch auf meinem Lebensweg. Das nehme ich mit von dieser Pilgerreise. Ich kann das nur empfehlen: Wandern und dabei das Gespräch suchen mit Gott und den Menschen. Pilgern eben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4039
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