SWR4 Abendgedanken

01JUL2024
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Ist das Bad geputzt? Habe ich überall staubgesaugt? Und haben wir genug von den hübschen Tellern?

Das geht mir durch den Kopf, wenn wir Besuch bekommen. Denn ich will, dass es unsere Gäste schön haben. Dass sich alle wohlfühlen. Und zum Essen oder Trinken soll es ja auch was Besonderes sein. Sind eigentlich schon Getränke kaltgestellt?

So helikoptere ich durch die Wohnung, bis der Besuch endlich da ist. Ich muss zugeben: Als Gastgeber bin ich ganz schön angespannt.

In der Bibel gibt es eine Gastgeberin, die ähnlich tickt wie ich. Die Frau heißt Martha und ihr gibt Jesus einen Ratschlag, der es für angespannte Gastgeber in sich hat.

Die Episode geht so: Jesus besucht Martha und ihre Schwester Maria. Die beiden wohnen zusammen. Maria setzt sich zu Jesus und hört ihm zu. Ganz anders Martha. Sie wirbelt durchs Haus und ist völlig davon eingenommen, dem hohen Besuch einen würdigen Empfang zu bereiten. Alles muss stimmen. Doch dann ist sie irgendwann genervt davon, dass ihre Schwester Maria ihr nicht hilft. Prompt sucht Martha Unterstützung bei Jesus. Nach dem Motto: „Das findest du doch auch nicht ok, dass meine Schwester nichts tut. Sag doch mal was.“ Aber Jesus bleibt cool und meint: „Martha, Martha, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.“

Na super – da erhofft sich Martha Unterstützung und will bestätigt werden für das, was sie alles hinkriegt. So liebevoll, fleißig und voller Mühe. Und dann kommt Jesus mit so einem Spruch. Der hätte mich an Marthas Stelle völlig auf die Palme gebracht. Doch ich ahne, worauf Jesus vermutlich hinaus will: Maria ist ganz bei ihrem Besuch. Das ist wohl das, was Jesus „notwendig“ nennt. Maria steht nicht dauernd auf oder überlegt, was noch zu tun ist. Sie kostet die Zeit mit ihrem Gast aus.

Davon kann ich mir als angespannter Gastgeber eine Scheibe abschneiden. Natürlich hab ich mir beim Backen Mühe gegeben und der Kuchen ist lecker geworden. Aber jetzt ist es wichtig, dass ich mir Zeit nehme, ihn zusammen mit meinen Gästen zu genießen.

Ganz beim Anderen sein: Das ist das „Notwendige“, „der gute Teil“, den Maria gewählt hat. Und der umtriebigen Gastgeberin Martha, und auch mir, tut es sicher gut, wenn ich es schaffe, irgendwann mit dem Wirbeln aufzuhören. Und wenn ich schlicht und einfach „da bin“.

Benjamin Vogel aus Freiburg von der katholischen Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40213
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