Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP
Sich selbst versorgen. Unabhängig sein. Niemandem zur Last fallen. Das ist wichtig. Das wollen wir so lange wie möglich schaffen. Autonome Alleskönner ohne Verfallsdatum sein, das wäre gut. Die Vorstellung, ganz und gar selbständig und unabhängig zu sein, ist verführerisch attraktiv.
Aber ist sie auch realistisch? Ist sie wirklich unbedingt erstrebenswert? Jesus hat da eine ganz eigene Erfahrung gemacht. Und die könnte auch für uns wesentlich sein. Kurz vor seinem ersten öffentlichen Auftreten als Wanderprediger, Wunderheiler und Menschensammler ist er 40 Tage in der Wüste gewesen, um sich für seine große Aufgabe vorzubereiten. Und ausgerechnet bei diesem Rückzug in die Einsamkeit gerät er in eine teuflisch große Versuchung. Auf einmal stellt sich ihm die Frage, ob er vielleicht doch seine guten Beziehungen zum Himmel dafür nutzen könnte, aus Steinen Brot zu machen, um sich endlich satt zu essen. Ob er mit einem Mutproben-Sprung von der Zinne des Tempels nicht doch einmal eindrucksvoll für alle demonstrieren könnte, dass er im Grunde unverletzlich und nicht umzubringen sei. Ja, die verführerische Option, einfach allmächtig zu sein, als Gottessohn, einfach alles zu können, was sonst niemand kann, wird ihm nahegelegt. Jesus lehnt das alles ab und entscheidet sich für das Gegenteil: Er will offenbar kein Selbstversorger sein, sondern von Gott abhängig bleiben. Er will sich nicht als unverwüstlicher Hero inszenieren
und schon gar nicht der magischen Anziehungskraft der Allmacht verfallen. Er will unter Gottes hohem Himmel wohnen und bleiben und abhängig verbunden sein mit dem, der Himmel und Erde gemacht hat. Er spürt wohl, dass ihn nur eine unmittelbare Anbindung an Gott glücklich leben lässt.
Das nennt man eine Religion haben. Eine Rückbindung, sich aufgehoben wissen in Gottes Hand. Das gibt unserer Zuflucht ein Zuhause!
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