SWR4 Abendgedanken

10JUL2024
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Manchmal sind Menschen untröstlich. Meine Freundin Andrea hat vor einiger Zeit ihren Mann verloren. Ganz plötzlich war er gestorben. Das ist nun schon drei Jahre her, aber Andrea trauert noch immer sehr um ihn. Sie schreibt mir in einem Brief, dass andere Menschen damit nicht zurechtkommen, dass sie noch immer so traurig ist. Sie geben ihr deswegen Ratschläge: Sie solle sich helfen lassen von einem Psychologen oder solle sich Tabletten verordnen lassen, die ihre Stimmung aufhellen. Mancher erinnert sie daran, dass sie eine gläubige Christin ist. Da müsste doch der Glaube sie trösten. Andere mahnen zu Geduld und sagen ihr „Die Zeit heilt alle Wunden.“

Andrea ist ziemlich verzweifelt, weil die Zeit bei ihr offenbar bisher gar nichts geheilt hat und weder ein Psychologe noch der Glaube noch die Apotheke ihr aus der tiefen Traurigkeit herausgeholfen haben.

„Meine Seele will sich nicht trösten lassen.“ Schreibt Andrea, und ich denke mir, wenn sie ihren Schmerz loslassen würde, dann wäre das, als würde sie ihren Mann irgendwie noch einmal verlieren.

So schmerzlich es ist: Ihre Traurigkeit ist ihr Weg, durch den sie mit ihrem Mann verbunden bleibt. Alle gutgemeinten Ratschläge können da nicht helfen. Auch wenn ich ihr noch so sehr wünschen würde, dass es leichter für sie werden darf.

„Meine Seele will sich nicht trösten lassen.“ (Ps 77, 3b) In einem alten Lied in der Bibel findet sich dieser Satz. Der Mensch, der das betet, kann nicht schlafen vor Kummer, liegt unruhig in seinem Bett und fragt sich, ob Gott ihm irgendwann wieder helfen wird.

Er erinnert sich an Geschichten, die davon erzählen, wie Gott geholfen hat. An Hoffnungsgeschichten.  Das scheint seine Trauer nicht wegzunehmen; aber er kann er sie damit besser aushalten. Mit Geschichten voller Hoffnung, dass Gott auch ihn nicht vergisst, selbst in seiner Traurigkeit. Davon will ich Andrea erzählen: Von einem, dessen Seele untröstlich war und der dafür Kraft gefunden hat und anderen so viel Tröstliches zu sagen hatte.

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