SWR Kultur Wort zum Tag
„Gestern hat mein Mann beim Abendessen gesagt: War das heute aber mal wieder ein schöner Tag!“.
Ich sitze im Café und warte auf meine Bestellung. Am Tisch neben mir sitzen zwei Frauen. Unwillkürlich werde ich zum Zuhörer ihres Gespräches und höre, wie die andere zurückfragt: „Und das hat er einfach so gesagt?“ „Ja“, antwortet die erste. „Einfach so! So ist er halt! Besonders jetzt, wo er in Rente ist. Morgens geht er oft schon gleich nach dem Kaffee raus in den Garten. Und bleibt am liebsten den ganzen Tag dort. Freut sich an den Blumen, der Natur, genießt es, wenn die Sonne scheint. Und erzählt mir dann am Abend, was für ein schöner Tag das war.“ „Wirklich bewundernswert!“, sagt die andere Frau.
„Wirklich bewundernswert!“, das denke ich auch, als der Kellner kommt und mir meinen Kaffee bringt. Ich nehme den ersten Schluck, während die Damen nebenan zahlen und dann gehen. Ich rühre in meinem Kaffee und denke über das Gehörte nach. Und ich spüre eine Sehnsucht: Ich würde abends auch gerne öfter sagen: Das war heute ein schöner Tag! Was hindert mich eigentlich daran? Es stimmt: Oft fehlt mir der Blick für das Schöne – und vermeintlich auch die Zeit. Ich stehe morgens auf, gehe meiner Arbeit nach, am Schreibtisch oder außer Haus, nehme Termine wahr, führe Gespräche, erledige dies und das, und nehme gar nicht wahr, wie viel Schönes ich immer wieder dabei erlebe und erfahre. Deshalb nehme ich mir für diesen Tag vor, einmal genau hinzuhören und hinzusehen.
Zum Beispiel, als mir eine Mitarbeiterin erzählt, dass ihre Tochter ein Kind zur Welt gebracht hat. Dass die Geburt gut verlaufen ist und Mutter und Kind wohlauf sind und wie dankbar sie dafür ist. Wie schön, sage ich, und freue mich mit ihr.
In der Mittagspause setze ich mich in den Garten bei uns im Landeskirchenrat und auf einmal hoppelt ein kleiner Hase durch die Rosen und leistet mir munter Gesellschaft.
Und abends rufe ich meine alten Eltern an. Sie wohnen nicht in der Nähe, daher können wir uns nicht so oft sehen, aber telefonieren können wir. Und das fast jeden Abend. Und das ist schön.
Ja, manchmal tut es gut, auf das zu schauen, was gut ist. Und schön. Trotz allem Schwierigen und Schweren. Im Leben. Und in dieser Zeit.
So wünsche ich Ihnen von Herzen für den heutigen Tag Erfahrungen und Erlebnisse, die Sie heute Abend hoffentlich sagen lassen können: War das heute aber mal wieder ein schöner Tag!