SWR1 Begegnungen
Christopher Hoffmann trifft: Weltraumingenieur Manuel Frey
Manuel Frey hat als Raumfahrtingenieur acht Jahre lang die Weltraumrakete „Ariane 6“ mitentwickelt. Die soll Anfang Juli in dem südamerikanischen Französisch-Guyana in der Nähe des Äquators zum ersten Mal ins All fliegen. Die Ariane wird von der Europäischen Weltraumorganisation ESA finanziert. Solche Raketen bringen Satelliten und Sonden ins All – warum ist das für die Menschheit wichtig?
Wo wären wir ohne Satelliten? Wir hätten keine Navigation in dem Sinn wie wir sie heute haben-wir hätten heute kein Satellitenfernsehen, eine ganze Menge der Kommunikation läuft über Satellit, wir haben Wettersatelliten, wir haben Erdbeobachtungssatelliten, wir wüssten zum Beispiel wesentlich weniger über Umwelteinflüsse, Umweltveränderungen, die es ja auf unserer Erde unbestritten gibt. Aber auch zum Beispiel die Aufheizung der Meere-solche Dinge, das kann alles aus dem Weltraum vermessen werden.
Manuel Frey ist der Fachmann für Raketenantriebe, die so viel Kraft besitzen, dass sie bis zum Mars oder zum Jupiter fliegen können. Ein Ingenieur und Technikexperte durch und durch. Und doch hat er das Staunen nicht verlernt:
In meiner Arbeit entwickle ich Maschinen, aber wenn der Mensch ins Spiel kommt, da wird die ganze Sache doch deutlich komplexer: Da lassen sich eben nicht so einfache Gesetzmäßigkeiten anwenden, wie beim Bau einer Maschine. Wir berechnen zum Beispiel die Strömungen, die chemischen Reaktionen in einem Raketenantrieb und können das schon sehr genau machen, aber ich glaub es ist noch keinem gelungen, die Reaktionen eines Menschen auf irgendeine Nachricht vorherzusagen, so wie wir das können. Also da sind wir in einer ganz anderen Liga unterwegs und ich denke, das ist auch sehr schön so.
Der Mensch ist für Manuel Frey eben kein Zufallsprodukt des Universums, sondern ein Geschöpf Gottes- und als solches bleibt er auch immer ein Geheimnis:
Ich find den Weltraum faszinierend natürlich auch mit seinen Entfernungen, aber die Menschen, die tragen ja einen Kosmos in sich. Der Mensch ist ein Mikrokosmos, er ist sehr komplex und ja: Glaube, Liebe, Hoffnung sind natürlich Dinge, die den Menschen fundamental von einer Maschine unterscheiden. Wenn man Gott sucht, denke ich dann kann man ihn auch in der Natur finden, man kann ihn auch im Weltraum finden, man kann ihn vor allem auch im Mitmenschen finden-da muss man eben offen sein.
Wie meint er das - Gott im Mitmenschen finden?
Wenn Menschen einem freundlich und nett begegnen, oder wenn man Hilfe braucht und die dann wirklich kriegt-das sind schon Begegnungen, die man immer auch religiös deuten kann.
Manuel Frey ist in Überlingen am Bodensee aufgewachsen. Später hat er in Stuttgart studiert und seinen Doktor beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Lampoldshausen nahe Heilbronn gemacht. Heute entwickelt er Flüssiggasantriebe für die Ariane in München. Physik und Technik - das ist seine berufliche Welt. Der Katholik glaubt aber an mehr als Materie:
Es gibt natürlich einen Geist, für mich ist das völlig klar. Also mit einer reinen Technikfokussiertheit kann man denke ich keine Gesellschaft zusammenhalten und auch keine Menschen am Ende glücklich machen.
Weil jeder Mensch als Abbild Gottes eine unantastbare Würde hat?
Ja, der Würdeaspekt ist für mich sehr wichtig. Ist für uns als Gesellschaft ja auch sehr wichtig, im Grundgesetz ganz stark verbrieft. Ja , das ist ein wichtiger Aspekt, ja.
Ich treffe Manuel Frey in München, wo er Weltraumraketen entwickelt. Sie bringen Satelliten ins All, die uns auch über den Klimawandel neue Erkenntnisse bringen.
Bewahrung der Schöpfung ist ein großes Thema, Schutz unserer Erde, Umweltschutz auch, das sind alles Themen die heute hochaktuell sind. Ich denke wir müssen schon schauen- dass wir- und da muss auch jeder persönlich dran mithelfen - unsere Erde schon in einem Zustand an die nächste Generation weitergeben, dass nicht alles verloren ist, das halte ich für sehr wichtig.
Für ihn hat das viel mit Nächstenliebe zu tun. Nicht über die eigenen Verhältnisse zu leben: Verzicht und technologischer Fortschritt- Manuel Frey glaubt, dass es beides braucht, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Er wünscht sich auch eine Kirche, die sich positioniert zu aktuellen Themen:
Geistige Nahrung und die Reflexion der gesellschaftlichen Vorgänge halte ich für sehr wichtig und da spielt die Kirche eine große Rolle. Ich finde auch sehr wichtig die Rolle der Kirche was ganz generell ethische Fragen anbelangt und ich finde, dass sie sich da auch in die Politik stark einmischen muss.
Neben diesen mehr ethischen Aspekten ist für ihn der Glaube aber auch eine Quelle der Hoffnung. Das hat er ganz persönlich erlebt, als der heute 54-Jährige mit Anfang 30 an Krebs erkrankt:
Im Endstadium meiner Doktorarbeit, ich war schon kurz vor Fertigstellung, habe ich gesundheitliche Probleme bekommen, unter meinem rechten Arm hat sich ein Tumor gebildet. Und ich musste dann in Chemotherapie und auch Bestrahlungstherapie in Heilbronn gehen-das hat fast ein Jahr gedauert. In so einer Phase, wenn man so eine lebensbedrohliche Krankheit hat und anfangs auch nicht weiß, ob man sie übersteht, bekommt man doch ein kleines Geschenk, wenn es das in so einer Situation überhaupt geben kann, man kann nämlich auf einmal sehr gut unterscheiden, was für einen im Leben wichtig und was für einen im Leben unwichtig ist.
Er hat für sich gelernt:
Das Leben ist sehr kostbar. Das merkt man vor allem wenn man das Ende vor Augen hat, absolut, da merkt man das wie sonst nie.
Und als Christ glaubt er, dass auch nach diesem Ende noch was kommt. Sein Glaube hat ihm Kraft gegeben:
Die Religion oder der Glaube hat in der Bewältigung dieser Tumorerkrankung bei mir eine große Rolle gespielt würde ich sagen. Dieses Wissen, dass das nicht das Ende sein muss, das ist natürlich schon sehr tröstlich: die Hoffnung zu haben, dass es weitergeht nach dem Tode, das seh ich auch so, ja.
Und so bleiben am Ende auch für Manuel Frey in den Weiten des Weltalls und in seinem ganz persönlichen Mikrokosmos drei Dinge: Glaube, Liebe und Hoffnung.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40140