SWR Kultur Wort zum Tag

14JUN2024
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Wenn ich vor dem Kindergarten auf meinen Enkel warte, höre ich immer mal wieder diese Frage: „Arbeitest Du wieder? Oder bist Du noch Zuhause?“ Wo ich diese Frage höre, versetzt mir das einen Stich ins Herz.

Wer einmal kleine Kinder versorgt hat – für einen Tag, für eine Woche – oder auch nur für ein paar Stunden, – der weiß, wie viel Energie das kostet. Einen Haushalt führen: für Essen sorgen, die Wäsche waschen, Einkaufen.
Ein Betrieb mit etlichen Betriebszweigen ist das!
Und wie müde und erschöpft ist man danach.
Aber auch: Wie schön und erfüllend kann das sein.

Es ist freilich gut und wichtig, wenn in Kitas und Schulen Erziehende anständig bezahlt werden. Und es gibt immer wieder neue Ideen, wie man Mütter und Väter für ihre Erziehungs-Leistung finanziell entlasten und honorieren kann: Kindergeld, Elternzeit – und dergleichen mehr.

Nur wäre es für mein Empfinden fatal, wenn alle unsere Mühen und Anstrengungen auf die eine Dimension reduziert werden: Gibt es dafür Geld? Als Arbeit kann dann nur noch gelten, was bezahlte Lohnarbeit ist. Und als wichtige Arbeit, wofür es richtig viel Geld gibt.

Die Bibel kennt noch andere Dimensionen und andere Wege, wie Menschen zu lebenswichtigen Dingen kommen, ohne dafür Geld zu zahlen. Es heißt einmal im Buch Jesaja:
„Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!
Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst!
Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!“ (Jes 55,1)

Kaufen ohne Geld? Gratis? Wie soll das denn gehen?
Bei Jesaja ist damit ein Eintauschen auf dem Markt gemeint, ohne Geld.
Menschen tauschen Dinge und Dienstleistungen, so würde man heute wohl sagen, ohne zu zahlen.
Da und dort gibt es heute solche Initiativen, die das wiederbeleben.
In Repair-Cafés z. B. wenn ich nicht damit klarkomme, wie ich eine defekte Lampe repariere. Ich kann die mitbringen. Und es gibt technisch versierte, die mir dabei helfen oder es für mich machen. In derselben Zeit kann ich anderen bei der Fahrradreparatur helfen. Es gibt auch „Tauschbörsen“, wo Hilfeleistungen zum Tausch angeboten werden: „Das kann ich, was kannst Du?“ Im Tausch z. B. Gartenarbeit gegen Nachhilfe. Oder Knöpfe annähen und Hemden bügeln, gegen Einkaufen und Autowaschen.

Ich denke nicht, es ginge alles leichter ohne Geld. Keineswegs! Doch diese vorindustrielle Sicht auf Arbeit und Erwerb aus der Bibel hält an der Vorstellung fest: Im Leben ist vieles unverzichtbar und anerkennenswert und richtig Arbeit, was kein Geld kostet. Hoffentlich auch in Zukunft.

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