SWR1 Begegnungen

Caroline Haro-Gnändinger trifft Schwester Bettina Berens, Ordensfrau und Ex-Fußballerin
Sie hat früher in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gespielt. Wir treffen uns kurz bevor der Nervenkitzel zur Europameisterschaft anfängt. Sie erzählt mir davon, wie es bei ihr mit dem Fußball angefangen hat - in ihrer Kindheit auf dem Bauernhof in der Nähe von Bitburg in der Eifel:
Wie jeder Bauernhof hatten wir ein Scheunentor. Also ich habe immer wieder die ganze Nachbarschaft tyrannisiert, weil es immer bum, bum, bum, bum machte, weil ich dann stundenlang gegen dieses Tor geschossen habe.
Damals entdeckt ihr Sportlehrer ihr Talent und dann kickt sie regelmäßig im Verein. In den 1980ern und 90ern spielt sie erst links außen, dann im Mittelfeld beim Verein TuS Ahrbach. Mit ihm steigt sie in die Bundesliga auf. Und einmal spielt sie in der Frauen-Nationalelf – 1992, ein Länderspiel gegen Italien.
Man steht da so plötzlich in einer Reihe, die man eigentlich sonst immer nur im Fernsehen sieht. Wenn Spieler bei der Nationalhymne dann da stehen. Also das ist schon ein Gänsehautmoment.
Bettina Berens macht den Sport damals wie ein Ehrenamt, neben ihrem Vollzeit-Bürojob. Sie liebt es, muss dann aber mit 28 wegen Problemen an ihrem Sprunggelenk aufhören. Eine große Umstellung:
Wohin mit der Leidenschaft, wo die Leidenschaft wieder spüren, dieses Sich-Freuen und dieses Daraufhinarbeiten. Heimat, teilweise Heimat.
Sie sucht eine ganze Weile lang. Eine ehemalige Schulfreundin von ihr ist inzwischen Nonne geworden. Über sie kommt Bettina Berens wieder mehr in Kontakt mit dem Glauben an Gott. In ihrer eigenen Familie hatte sie den Glauben eher streng erlebt:
Meine Mutter hat viele Schicksalsschläge gehabt und die hat durch ihren Glauben ihr Leben irgendwo bewältigen können. Der Glaube war ihr ein wichtiger Halt und manchmal ging das für uns etwas in Extreme.
Über ihre Schulfreundin bekommt Bettina Berens also nochmal ein neues Bild von Gott und vom Glauben.
Meine Freundin hat mir dann immer mal wieder Bibelverse geschickt und ich merkte: Da tut sich was in mir und sie spricht da auch was in mir an, was mir wichtig ist.
Ihr Vater war vor ihrer Geburt verunglückt und hat ihr oft gefehlt. Sie glaubt, dass sie auch deshalb fasziniert ist von den Geschichten über Jesus und seinen Vater im Himmel. Ein Satz einer Ordensgründerin spricht sie besonders an: „Gott ist mein Vater und ich bin sein Kind.“ Sie tritt in diesen Orden ein. Ihr ist die Verbindung zu Gott sehr wichtig:
Sein tiefstes Verlangen ist, dass es uns gut geht, dass wir glücklich sind, dass wir unser Leben leben, dass wir unser Leben gestalten, dass wir blühen, dass wir uns nicht verstecken. Ihr seid das Salz der Erde, dass wir die Würze sind für diese Welt.
So hat es Jesus in der Bibel gesagt. Salz der Erde zu sein, dieses Bild gibt ihr im Alltag oft neue Kraft. Gestalten, anpacken - so erlebe ich Schwester Bettina und das finde ich als Christin wichtig. Das Leben in der Ordensgemeinschaft ist für sie aber nicht immer so leicht. Die ehemalige Fußballerin und heutige Ordensfrau Bettina Berens arbeitet in einer Pfarrei in Mönchengladbach und besucht regelmäßig ihre Heimat in der Eifel. Davor war sie viele Jahre lang als Seelsorgerin in verschiedenen Ländern der Welt, eine lange Zeit auch in den Niederlanden:
Wenn ich von Holland so in die Eifel gefahren bin, und ich sehe dann diese Weite und dieses Hügelige, dann geht erst mal mein Herz auf. Also ich habe mich dann noch mal ganz neu in meine Heimat verliebt.
Immer wieder setzt sich Schwester Bettina besonders für Kinder ein – sie spielt mit ihnen zum Beispiel Fußball. Damit sie ihre Taktik trainieren und Selbstbewusstsein tanken können. Und das macht natürlich auch ihr großen Spaß:
Egal wie schwierig es auch manchmal drumherum ist oder wenn was eben mal nicht passt, sobald der Ball da ist, kommen diese guten Gefühle auch.
Es erinnert sie an ihre Zeit in der Frauenbundesliga in den 1990er-Jahren. An das Training, Wettkampf, Teamgeist. Und Teamgeist spürt sie auch in einem Kinder- und Jugendzentrum, wo sie sich um die Kinder kümmert.
Wir haben 20 Kulturen, verschiedene Religionen, die spielen zusammen, da funktioniert Interreligiosität. Von daher ist für mich auch immer die Einrichtung ein Ort, der mir auch Hoffnung macht auf die Zukunft.
Sie begleitet außerdem Kinder, wenn diese Angehörige verloren haben und trauern. Und das liegt sicherlich auch an ihrer eigenen Geschichte: Sie weiß noch, wie es war, ohne Vater aufzuwachsen und wie wichtig dann Bezugspersonen für sie waren, auch ihre Großeltern, Tanten und Onkel – und sie möchte auch so eine Bezugsperson für andere sein:
Kinder sind halt noch von Erwachsenen wirklich abhängig und ich finde immer noch, dass Kinder oft übersehen werden.
Und überhaupt mag es Schwester Bettina nicht, wenn Menschen übersehen werden. Sie hat Herzblut in eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung gesteckt und dann war sie an einem Ort im Einsatz, den man sonst gar nicht zu sehen bekommt, im Frauengefängnis. Sie möchte etwas weitergeben:
Die Botschaft einfach, die Gott uns gibt, ist: Du bist geliebt. Ich glaube, dass viele Menschen einfach sich nicht geliebt fühlen und viele Menschen einsam sind, aber da ist einer, der uns bedingungslos annimmt und der uns liebt.
Es ist gar nicht so leicht, das immer wieder anzunehmen und dann auch konkret an die Mitmenschen weiterzugeben. Das weiß sie auch. Allein, wenn sie an das Vergeben aus dem Gebet Vaterunser denkt:
Wie schwer tun wir uns oft mit Vergebung? Dann auch wirklich in die Demut zu kommen und zu sagen: Okay, lieber Gott, ich probier‘s, aber ich tu mich mit diesem Menschen schwer.
Bettina Berens als Ex-Fußballerin freut sich übrigens auch auf die Kraft der anstehenden Fußball-Europameisterschaft. Sie wünscht sich viele neue gute Begegnungen:
Dass dieses Fest auch noch mal ermöglicht, dass wir zusammenstehen und das Schöne von Deutschland und den Menschen zeigen. Auch mit den vielen verschiedenen Kulturen, die wir haben, dieses Fest begehen.
Diese Haltung von Schwester Bettina, immer wieder nach dem zu suchen, was einen wirklich begeistert und was Menschen verbindet, motiviert mich als Christin, danach auch in meinem Leben zu suchen.
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