Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Als ich von der Arbeit nach Hause komme, werde ich schon sehnsüchtig erwartet. Unser 5-jähriger Sohn rennt mir erwartungsvoll in die Arme: „Papa, Papa, du musst mir helfen. Mein Fahrrad ist kaputt. Du musst das reparieren.“ Für meinen Sohn ist es keine Frage, dass der Papa sein Fahrrad reparieren kann. Zum einen hat Papa das schon oft gemacht. Zum anderen kann Papa sowieso alles. Davon ist unser Sohn überzeugt.
Draußen schaue ich mir das Fahrrad an. Leider muss ich diesmal feststellen, dass ich den Schaden nicht reparieren kann. Mein Sohn ist fassungslos. Papa bekommt das nicht hin?! Die Enttäuschung steht ihm ins Gesicht geschrieben.
Mit dem Gott der Bibel, dem Vater im Himmel, wie Jesus ihn nennt, geht es mir manchmal ganz ähnlich. Ich erwarte, dass dieser Vater im Himmel das Leben von mir oder anderen reparieren kann.
Eine Person, die mir wichtig ist, kommt in eine schwierige Situation – gesundheitlich, auf der Arbeit, in der Familie, in der Partnerschaft. Ich bete. Weil ich das eigentlich immer schon so mache. Und weil ich gelernt habe, dass dieser Gott alles kann. Er ist doch ein allmächtiger Gott.
Wenn ich ehrlich bin, habe ich allerdings in meinem Leben noch nicht besonders häufig erlebt, dass Gott tatsächlich etwas an den äußeren Umständen geändert hat. Irgendwie komisch. Ich bete für etwas. Gott könnte etwas tun, so glaube ich zumindest. Aber er tut es nicht. Was ist das für ein Vater, der helfen könnte, aber das aus irgendwelchen unverständlichen Gründen nicht will?
Vielleicht habe ich das mit Gottes Allmacht aber auch noch nicht richtig verstanden.
Was wäre, wenn Gottes Allmacht etwas anderes bedeuten würde?
Jesus, der Sohn Gottes, wandelt jedenfalls nicht mit Superkräften ausgestattet in einem einzigen triumphalen Siegeszug der Alleinherrschaft entgegen. Der Sohn Gottes leidet wie wir. Und er stirbt wie wir. Der Unterschied ist: Es ist nicht sein Ende. Der Sohn Gottes besiegt den Tod.
Auch wenn mir diese Vorstellung vom leidenden und sterbenden Gott nicht immer gefällt. Sie befreit mich von falschen Vorstellungen und dem Frust, der damit verbunden ist. Ich erlebe Gottes Allmacht in seiner Macht, immer da zu sein. Und uns in allem, wie schlimm es auch gerade ist, seine Liebe zu schenken. Gott hat uns nie versprochen, dass er alle Hindernisse aus dem Weg räumt. Oder uns alle Schicksalsschläge erspart bleiben.
Im Gegenteil: Er hat das Alles selber durchlebt. Was Gott versprochen hat: Ich bin da. Ich lasse dich nicht im Stich. Es ist nicht dein Ende!
Und das habe ich tatsächlich schon oft erlebt. Da waren Situationen in meinem Leben, die mich in die Knie gezwungen habe. Aber Gott war da. Er hat mir die Kraft gegeben, wieder aufzustehen und weiterzugehen. Herausforderungen kommen und gehen. Aber, so sagt es die Bibel: Nichts und niemand kann uns trennen von seiner Liebe.
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