Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

17MAI2024
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Religion und Politik, Staat und Kirche. Das sind für die meisten Zeitgenossen getrennte Bereiche. Und in der Tat: Es gehört zu den großen Errungenschaften der Aufklärung, dass beide weitgehend unabhängig voneinander existieren. Für die Gesellschaften des Westens sind die Bündnisse von Thron und Altar nur ferne Erinnerungen. Bei uns in Deutschland war diese Allianz mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Sturz der Monarchie Geschichte.

Ganz anders sieht das heute in Russland aus. Dort lässt sich studieren, wie unheilvoll eine enge Verbindung von Staat und Kirche sein kann. So stützt Patriarch Kyrill, das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Präsident Putin uneingeschränkt. Bei den Gottesdiensten an den großen Feiertagen stehen Putin und Kyrill Seite an Seite. Der Kirchenführer segnet die Politik des Kremlherrn im wahrsten Sinne des Wortes ab. Jetzt, in Zeiten des Krieges gegen die Ukraine, ist der Schulterschluss besonders eng. Kyrill erklärt den Überfall auf das Nachbarland zum „Heiligen Krieg“. Russland, so Kyrill wörtlich, kämpfe gegen die „Weltenherrscher der Finsternis“. In diesem Ringen stehe nicht weniger als die Zukunft des Christentums auf dem Spiel. Russland müsse die Feinde Gottes besiegen. Und das seien die „Faschisten“ in Kiew und ihre gottlosen Helfershelfer aus dem moralisch verkommenen Westen.

Zwischen Patriarch Kyrill und Wladimir Putin, beide einst Mitarbeiter im sowjetischen Geheimdienst KGB, passt kein Blatt Papier. Papst Franziskus hat Kyrill 2016 in Havanna auf Kuba getroffen. Schon damals schüttelten viele den Kopf, als beide in einer gemeinsamen Erklärung davon sprachen, dass sich „in Russland eine noch nie dagewesene Erneuerung des christlichen Glaubens“ ereigne. In Wahrheit aber tritt Kyrill die Botschaft des Evangeliums mit Füßen. Das sollte auch Papst Franziskus seinem orthodoxen Mitbruder unmissverständlich entgegenhalten!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39830
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