Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Meterlange Regale in mehreren Reihen nur Nudeln. Italienische Nudeln, deutsche Nudeln, Nudeln aus der Schweiz. Verschiedene Formen und Farben. Anschließend die Regale mit Reis, naturbelassen, rundgekörnt, im Kochbeutel – aus China, Indonesien, Thailand. Ein Stück weiter das Angebot von Wurst und Fleisch in den Kühlregalen – sie kennen diese Bilder. Wir leben selbstverständlich damit. So sieht es aus in den großen Supermärkten. Manchmal, wenn mir diese Fülle bewusst wird, frage ich mich, wer das alles kauft. Wir leben in einem Überfluss ohnegleichen. Und verlieren dabei aus den Augen, wie wenig selbstverständlich das ist. Viele Menschen in unserem Land können sich täglich noch satt essen mit Nahrungsmitteln, die ihnen schmecken – ausgewogen, nährstoff- und abwechslungsreich. Obwohl sich auch bei uns inzwischen immer mehr die tollen Angebote nicht mehr leisten können. Und hunderte Millionen auf der Welt hungern. Andere ernähren sich vom ewig gleichen – Mais oder Reis.
Manchmal wenn ich im Supermarkt vor den vielen Angeboten stehe, spüre ich diese himmelschreiende Ungerechtigkeit. Und frage mich, wie ich mich dazu verhalten kann. Kürzlich hörte ich im Radio ein Interview mit den Köchinnen einer Klosterküche zu diesem Thema. Sie wurden gefragt, welchen Beitrag sie als Schwestern einer christlichen Gemeinschaft leisten, dem besinnungslosen Konsum in der Gesellschaft etwas entgegenzusetzen.
Seitdem höre ich die Küchenschwestern immer wieder sagen: Wenn wir kochen, gehen wir mit Bedacht mit den Nahrungsmitteln um. Wir denken daran, wie viel menschliche Arbeit dazu gehört und wie viele Kräfte der Natur, bis wir damit kochen können. Wir sind dankbar dafür. Und wir denken an die Menschen, für die wir die Nahrung vorbereiten. Wie wichtig unser Körper ist. Dass wir uns gut ernähren um vital und gesund bleiben zu können. Wir würdigen die Nahrungsmittel und denken liebevoll an unsere Gäste. Das gehört bei uns so selbstverständlich zum Kochen wie Salz und Pfeffer. So bleibt jedes Essen kostbar.
Die ungerechte Verteilung von Lebensmitteln auf der Welt vergessen wir darüber nicht. Wir denken jeden Tag beim Beten an die Hungernden und Benachteiligten und bringen unsere Klage vor Gott.
Aber täglich achtsam zu bleiben gegenüber Nahrungsmitteln und den Menschen, für die wir kochen, ist die anspruchvollste Übung gegen die Besinnungslosigkeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3879
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