Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„You’ll never walk alone“ heißt die Hymne der Fußballfans. „Ihr werdet nie allein sein“. Damit singen sie in vielen Stadien ihrer Mannschaft vor Beginn des Spiels Mut zu. „Wir stehen hinter euch, und wir setzen auf euch. Keine Angst. You’ll never walk alone. Was auch immer passiert.“ Ein echter Fan geht mit seiner Mannschaft durch dick und dünn.
In den 60ger Jahren fing es an mit diesem Lied in Liverpool, im Stadion an der Anfield Road, dann ist es über den Kanal geschwappt und die St. Pauli Fans haben es in Hamburg gesungen. Inzwischen ist es längst in Stuttgart angekommen und auch in vielen anderen Fußballstadien. „Auch wenn deine Träume zerstoben sind, geh weiter. Geh weiter mit Hoffnung im Herzen. Du wirst nie alleine gehen.“
Ich glaube, manche Fans singen sich mit diesem Lied auch selber Mut zu: Ganz egal was sonst im Leben kommt, zusammen feiern wir Siege, wir trösten uns gegenseitig, wenn wir verloren haben. Ich bin nicht allein. Ein fußballbegeisterter Kollege hat mir erzählt, dass man sich im Stadion zuhause füh-len kann wie in einer Familie. Und dieses Gefühl „Wir gehören zusammen“, das gilt nicht nur am Samstagnachmittag. Überall da, wo sich Fans treffen und miteinander ins Gespräch kommen, da ent-steht dieses Gefühl: Ich bin nicht allein. Unser Verein hält uns zusammen. Mit ihm steigen wir auf. Und wenn es sein muss auch ab – gemeinsam stehen wir das durch. So kann man für eine Weile verges-sen, dass es sonst vielleicht gar nicht gut aussieht im eigenen Leben.
Ich ahne allerdings, dass das eine schöne Illusion ist, jedenfalls im Profifußball. Da freuen sich sicher auch die millionenschweren Spieler mit den Fans über einen Sieg. Aber gibt es wirklich eine Gemein-schaft zwischen den Jungunternehmern auf dem Platz, und den Fans in der Kurve? Gibt es einen Zu-sammenhalt zwischen den Fans in der Kurve und denen auf der VIP-Tribüne?
„You’ll never walk alone“: mir scheint, wenn sie das inbrünstig singen, irgendwo in einem Stadion, dann ist das vor allem ein Lied der Sehnsucht. Das möchte ich gerne, heißt das: dass keiner allein seinen Weg gehen muss – ich auch nicht. Ich möchte, dass immer jemand bei mir ist, der mich tröstet, wenn ich verloren habe. Der mich inspiriert, wenn ich nicht weiter weiß. Der mir Mut macht, wenn ich aufgeben will. Der sich mit mir freut, wenn mir was gelungen ist.
Und mir fällt der 23.Psalm ein. Da heißt es von Gott: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du bist bei mir.“ Ich wünsche allen Fußballfans diese Erfahrung. Gott lässt mich nicht im Stich. Er ist bei mir.
Das gilt für das ganze Leben, nicht nur auf dem Fußballplatz. Aber da zweifellos auch.

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