Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Ich liebe ja Instagram. Weil ich über dieses soziale Netzwerk ganz viel von der Arbeit meiner Pfarrkolleginnen und -kollegen mitbekomme. Ich sehe, was da in den Gemeinden auf die Beine gestellt wird und wie lebendig Kirche an vielen Orten ist. An vielen Tagen kann ich mich richtig freuen, wie viel Aufbruchstimmung da an vielen Orten herrscht. Und manchmal setzt mich das auch ganz schön unter Druck. Dann, wenn ich meine Arbeit mit den meiner Kolleginnen und Kollegen vergleiche. Die eine Kollegin hat einen aufwendig gemachten Elektro-Gottesdienst gestartet, der andere eine riesengroße Spendenaktion organisiert und die andere Kollegin wird schon für die fünfte Hochzeit dieses Jahr angefragt. Wenn ich in so ein Konkurrenzdenken reinkomme, dann nervt mich Instagram – und ich mich selbst. Dieses Konkurrenzdenken kenn ich nicht nur von Instagram und unter Pfarrerinnen und Pfarrern, sondern auch von Freunden, in der Familie oder aus dem Studium. Egal wo ich hinschaue, wenn ich will, finde ich immer jemand, der noch erfolgreicher und ambitionierter ist als ich.
Ich liebe darum aber auch die Geschichte von zwei Brüdern in der Bibel: Jakob und Esau. Die beiden sind total verschieden, und ihre Beziehung zerbricht durch ihren Konkurrenzkampf. Jakob scheint immer die Nase vorn zu haben, und Esau - der hasst ihn dafür. Jahrelang sprechen beide kein Wort miteinander. Bis sie dann doch wieder aufeinandertreffen – und sich versöhnen. Ich liebe genau diese Stelle in der Geschichte: Wie die beiden feststellen: Die Konkurrenz und den Neid hätten sie sich sparen können. Auch wenn es am Anfang so aussah, als ob Jakob den Konkurrenzkampf der Brüder klar gewinnen würde. Esau hatte auch ein gutes und erfolgreiches Leben. Esau fühlt sich von Gott genauso gesegnet, wie Jakob. Und bei ihrem Zusammentreffen kann Esau sagen: Ich habe genug, mein Bruder.
Ich habe genug. Und ich bemühe mich genug. Wenn ich mich mit meinen Geschwistern, Kolleginnen und Kollegen oder in meinem Freundeskreis vergleiche, dann erinnere ich mich ganz bewusst selbst daran: Gottes Segen ist unerschöpflich. Der reicht nicht nur für einige wenige. Sondern auch für mich. Und was ich auf meine Weise leiste, das ist genug.
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