Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Sie ist eine unausrottbare Eigenart des Menschen. Zu finden nach Misserfolgen und Enttäuschungen, in den Trümmern von Kriegen und Erdbeben und selbst an offenen Gräbern: Die Hoffnung. Die Hoffnung auf Erfolg und Zufriedenheit im Beruf, auf das große Glück in der Liebe, auf die Kraft wieder etwas aufzubauen, wieder neu anzufangen, etwas noch mal zu probieren, auf ein Leben im Leben und ein Leben nach dem Tod. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es im Volksmund, weil es den Menschen zutiefst ausmacht, dass er ein Hoffender ist. Für den Philosophen Kant ist die Hoffnung ein Teil der menschlichen Würde. Weil sie sich so nach Glück sehnt und weil sie die Stimmung der Menschen aufhellt. Für einen anderen Philosophen, Ernst Bloch, dessen Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“ heißt wirkt die Hoffnung wie ein Wärmestrom im Leben der Menschen. Bei den Christen gilt sie als eine der drei göttlichen Tugenden. Weil ein Funken Hoffnung im Herzen der Menschen ein Freudenfeuer entzünden kann. Weil sie zum Leben gehört wie das Atmen. Weil sie immer die Möglichkeit des Besseren und Schöneren in sich trägt. (In dieser Welt und in der anderen.) Das Wort Hoffnung ist eng verwandt mit dem Wort hopen=hüpfen. Ein hoffender Mensch springt also gewissermaßen innerlich weiter, über das Bestehende, zu Verbessernde hinaus. Und das ist das Wichtigste daran: Er glaubt daran trotz der Möglichkeit zu scheitern. Im Gegensatz zu den Skeptikern oder Zynikern, die vor allem auf die Probleme sehen. Von ihnen stammen Sprüche wie diese: „Hoffnung ist die Mutter der Dummen“ oder „Wer mit der Hoffnung fährt, hat die Armut als Kutscher.“ Will sagen, dumme Leute lassen sich gern vertrösten. Anstatt ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, hoffen sie auf ein besseres und bleiben arm. Das kann schon manchmal so sein, aber muss es nicht, denn der liebe Gott hat uns ja auch den Verstand gegeben und den Zweifel. Der Zweifel kommt mit den Misserfolgen und Enttäuschungen von ganz allein. Aber er hilft uns, dass die Hoffnung nicht zum blinden Optimismus wird, sondern eine Tugend, die den Menschen nicht aufgeben lässt. Eine Lebenshaltung, eine Lebenskraft, ja ein wahrhaft göttliches Geschenk, das mit Herz und Verstand sagt:
Das wird schon wieder, gib nicht auf, probier’ s nochmal, glaub’ daran, du schaffst es. Denn wer die Hoffnung verliert, der verliert das Leben. Und das ist viel zu schön und viel zu kostbar, trotz allem.

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