Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn es in Talkshows um den Glauben geht dann hauen sich die Menschen fast regelmäßig die Köpfe ein. Warum eigentlich?
Vielleicht weil der Glaube auch viel mit Gefühlen zu tun hat, mit tiefen persönlichen Gefühlen, oft auch mit verletzten Gefühlen. Und natürlich geht es beim Glauben auch um intellektuelle Auseinandersetzungen, bei denen zwar keiner dem Anderen etwas beweisen kann, worüber sich aber trefflich streiten lässt. Aber streiten sollte man doch - um Gotteswillen - beim Glauben nicht, denn dazu ist er doch zu schön und zu kostbar.
Er gilt auch als eine Tugend. Weil er ein Wegweiser sein kann, ein Wegweiser zum guten und glücklichen Leben. Wenn er nicht engstirnig ist, sondern offen, wenn er fest ist, aber nicht rechthaberisch. Wenn ich mir bewusst mache, dass das alles hier auf Erden so schön oder schrecklich es auch sein mag, doch nicht alles ist. Ich habe ein Zitat entdeckt, das den Glauben sehr schön beschreibt. Es ist vom englischen Schriftsteller Thornton Wilder, er hat gesagt:
„Glaube ist ein sich stets erweiternder Teich von Klarheit, von Quellen gespeist, die jenseits des Bewusstseinsrands entspringen. Wir alle wissen mehr als das, wovon wir wissen, dass wir es wissen.“
Es lohnt sich diesem Gedanken ein bisschen nachzuhängen. Glauben ist ein sich stets erweiternder Teich von Klarheit. Ein schönes Bild, der Glaube als ein Seelengewässer, in dem die Dinge des Lebens gereinigt, geklärt werden, der erfrischt und nicht einengt, sondern sich weitet und damit auch mein Leben weiter und tiefer macht.
„... von Quellen gespeist, die jenseits des Bewusstseinsrands entspringen...“ Das trifft auch meine Vorstellung, dass es beim Glauben Kanäle, Quellen, Wege gibt, die unbewusst sind. Deshalb ist beim Glauben auch immer wieder von Träumen die Rede oder von Kräften, die die sprichwörtlichen Berge versetzen können. Denn „...wir alle wissen mehr als nur das, von dem wir wissen, dass wir es wissen.“ O, ja, ich glaube, es gibt noch so viel zwischen Himmel und Erde, das wir nicht verstehen, erklären oder beweisen können. Das es aber gibt und von dem wir so eine Art Ahnung haben. An das wir immer dann näher rankommen, wenn wir uns Zeit nehmen für uns selbst. Oder wenn wir an die Ränder des Lebens kommen, wenn es ums Sterben geht, ums Kranksein und Gesunden und ums Geborenwerden...
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3794
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