SWR1 3vor8

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21MAI2023
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Der Alte und der Junge – so könnte man die Geschichte, die in vielen evangelischen Kirchen heute im Mittelpunkt steht, grob auf den Punkt bringen. Oder vielleicht sogar „Alt gegen Jung“ „Jungspund statt altem Eisen“.

Im Predigttext von heute steckt tatsächlich auch etwas von einem Generationenkonflikt: Da ist der junge Prophet, Samuel, noch ganz unerfahren aber voller Tatendrang. Und auf der anderen Seite der alte Prophet Eli. Der ist – ehrlich gesagt – von Gott schon so halb abgeschrieben. Eli ist zu alt, und er hat einfach zu viele Fehler gemacht, um noch länger für Gott zu sprechen. Aber der alte Eli ist auch voller Lebenserfahrung und deshalb der Meister - und Samuel sein Schüler.

Die Bibel erzählt nun, wie beide sich abends schlafen legen. Plötzlich mitten in der Nacht hört der junge Samuel, dass ihn jemand ruft. Mit ihm in der Hütte ist nur der alte Eli - logisch also, dass er zu seinem Meister läuft. Aber Eli weiß von nichts. Dreimal passiert das, und dreimal läuft Samuel zu seinem Lehrer. Und dem dämmert so langsam, dass es Gott ist, den sein Schüler Samuel da hört. Der Meister weiß aus den alten Erzählungen, wie Gott manchmal ganz unerwartet seine Stimme hören lässt. Er hat Erfahrung und Wissen. Und er gibt dem ahnungslosen jungen den Tipp: Wenn du noch einmal gerufen wirst, dann antworte: „Rede, Herr, dein Knecht hört“

Ob Eli das leicht gefallen ist? Ob es ihn nicht gekränkt hat, dass Gott den jungen ruft und nicht ihn – den alten, erfahrenen?

Zusammen stellen die beiden sich in Gottes Dienst. Eli, der weiß, dass jetzt der jüngere Samuel am Drücker ist, und ihm hilft. Und Samuel, der dankbar für den Rat des erfahrenen Eli ist und die Erklärung seines Meister nicht als das Gerede eines alten Mannes abtut.  

Ich wünsche mir, dass wir in der Kirche und in der Welt so an der Zukunft bauen:  Dass die, deren Zeit zu handeln gekommen ist, nach Rat suchen, bei denen, die Erfahrung haben. Dass die, die eine Vision von einer himmlischen Zukunft haben mit denen im Austausch sind, die sie verwirklichen können. Das Alt und Jung einander zuhören und aufeinander sehen. Ohne dass einer den anderen als zu alt, oder als zu unerfahren abschreibt. Dass die Generationen dabei aneinander reiben und es auch mal knirscht, das ist wohl normal – und das ist auch immer schon so gewesen. Ich denke, so können wir miteinander an einer Zukunft bauen, die von Gottes himmlischem Flüstern inspiriert ist. Nie allein. Sondern mit vereinten Kräften. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37682
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