SWR3 Gedanken

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16MAI2023
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Wir Pfarrerinnen und Pfarrer sollen Werbung für den Pfarrberuf machen. Ne, echt jetzt?, denke ich. Für einen Beruf, der keine geregelten Arbeitszeiten kennt? Bei dem ich allzu oft keinen freien Tag in der Woche habe? Und bei dem sich am Ende des Sommers die Pfarrer treffen, um sich zu erzählen, wie viele nicht genommene Urlaubstage dieses Jahr wieder verfallen. Für einen solchen Beruf soll ich Werbung machen?

Bevor ich Schnappatmung bekomme, schnappe ich mir meinen Hund und wir drehen eine Runde um die Häuser. Draußen begegne ich einem älteren Herrn, ich habe seine Frau vor ein paar Jahren beerdigt. Er erzählt mir von seinen Kindern und Enkeln und davon, dass er seine Frau immer noch sehr vermisst. Ein paar Schritte weiter eilt eine junge Frau den Weg entlang. Ihre Kinder wurden in unserer Kirche getauft. Sie hat sich vom Vater der Kinder getrennt, jetzt schlägt sie sich als Alleinerziehende wacker durchs Leben. Auf dem Rückweg treffen wir noch zwei Männer. Die beiden habe ich anlässlich ihrer Eheschließung gesegnet. Wir unterhalten uns über unsere Hunde, über das Wetter und das Leben. Auf der anderen Straßenseite steht die achtjährige Jasmin, sie winkt mit ihrem ganzen Körper: „Hallo, Frau Pfarrerin, hallo!“ Als ich die Haustür hinter mir zumache, denke ich: „Siehste, Du bist doch sehr gerne Pfarrerin!“

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