SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

09MAI2023
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Wenn ich das Vaterunser bete, bleibe ich jedes Mal bei dem Satz hängen „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“. Mir fällt da gerne die Situation ein, wie Jesus vor seiner Verhaftung und seinem Tod so gebetet hat. Er sieht die Katastrophe kommen und unterwirft sich Gottes Willen. Und wenn ich das Vaterunser bete, stelle ich mir an dieser Stelle auch immer die Frage, ob ich mich damit auch den Katastrophen beugen muss, die noch vor mir liegen. Das würde mich verwundern, denn Krankheiten, Krieg und Klimakatastrophe – ich weiß nicht, ob ich mich da fügen will. Oder sogar kann. Wenn ich so denke, will ich Gott widersprechen. Aber mich stört an dieser Vorstellung, dass ich damit Gott als einen sehe, der schlimme Ereignisse verursacht und sie mir und uns allen zumutet. Dabei gibt es gar keinen Grund, warum er das sollte.

Ein Gott, der Unheil schickt, den Menschen misstraut und sie testet und prüft, entspricht auch nicht dem, was Jesus geglaubt hat. Und von Jesus stammt ja dieses Gebet mit dem Satz: „Dein Wille geschehe“.

Jesus sieht in Gott eine väterliche und mütterliche Gestalt, die sich um das Wohl des Menschen sorgt und alles daransetzt, dass es den Menschen und allen Geschöpfen dieser Welt gut geht. Er verkündet einen Gott, der uns unbedingt unsere Fehler verzeihen will und uns immer wieder und wieder eine Chance gibt, bessere Menschen zu werden. Jesus ist davon überzeugt, dass Gott die Welt schon von Anfang an gut gemacht hat und sie letzten Endes auch zum Guten führen wird. Er testet die Menschen nicht mit Katastrophen. Da wäre er ja ein Sadist. Im Gegenteil, Jesus glaubt, dass Gott trotz all dieser schlimmen Ereignisse alles zum Guten führen kann.

Wenn ich im Vaterunser bete, „Dein Wille geschehe“, will ich umdenken. Ich sage Gott damit, dass ich ihm vertrauen möchte. Und selbst wenn schlimme Ereignisse mich treffen, will ich mich auf ihn verlassen und darauf, dass sein Wille letztlich geschieht: Der Wille, dass alles gut wird.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37628
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