Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Energiesparen war gestern. Inzwischen werden bedeutende Bauwerke nachts wieder angestrahlt. Auch Kirchen. Die meisten immerhin mit energiesparender LED-Technik. Ich bin da trotzdem hin- und hergerissen. Zum einen bin ich mir sicher, dass wir auch in Zukunft sparsamer mit Energie umgehen müssen. Zum anderen sind fast tausend Jahre alte Gebäude wie etwa die Dome in Speyer, Mainz oder Trier natürlich etwas ganz Besonderes. Die imposanten Kirchengebäude haben diese Städte oft über Jahrhunderte hinweg geprägt und machen sie heute einzigartig.
In Dresden hat sich die „Stiftung Frauenkirche“ nun dafür entschieden, die Beleuchtung nicht wieder einzuschalten. Die Vorsitzende der Stiftung begründet das mit dem Klimaschutz. Aber sie hat noch etwas gesagt und das hat mich besonders nachdenklich gemacht. Die Kirche strahle ja schließlich von innen, meinte sie. In diesem Fall war das wohl ganz wörtlich gemeint. Dass das Licht ja durch die großen Fenster nach außen strahlt, wenn es dunkel wird und die Frauenkirche innen erleuchtet ist. Ich finde aber, das Bild sagt noch sehr viel mehr, im übertragenen Sinn. Denn das scheint mir gerade das Problem der großen Institution Kirche zu sein, dass sie inzwischen kaum mehr von innen leuchtet. Dass sie vor allem mit sich selbst beschäftigt ist und deshalb kaum noch Licht in die Welt und die Gesellschaft ausstrahlen kann. Und wenn das so ist, dann bringt es tatsächlich auch nicht viel, im Scheinwerferlicht zu stehen. Angestrahlt zu werden. Denn dann sind da zwar imposante Mauern, Jahrhunderte alt, in deren Innern es aber dunkel geworden ist.
Ich bin dennoch überzeugt, dass das Licht auch drinnen noch nicht erloschen ist. Weil in den Menschen, die die Kirche ausmachen, der Glaube an Gott noch immer lebt. Und weil die christliche Hoffnung nicht klein zu kriegen ist. Die Hoffnung, dass am Ende das Leben gewinnt, auch wenn scheinbar alles dagegenspricht. Die Hoffnung darauf, dass es Gerechtigkeit gibt, auch wenn es so oft anders erscheint. Weil am Ende vor Gott kein Täter davonkommen und kein Opfer vergessen sein wird. Dieser Hoffnung eine Stimme zu geben, das ist Aufgabe der Kirchen. Dann können sie auch etwas ausstrahlen.
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