Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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06MAI2023
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Ich mag es, wenn jetzt im Mai alles duftet. Ich brauche morgens nur das Fenster aufzumachen, schon kommen mir Flieder, Ginster, Rose oder was ganz anderes entgegen. Und auch wenn es geregnet hat, riecht die nasse Erde anders als im Winter - irgendwie intensiver und nach ganz viel „wachsen“.

Für mich riecht der Frühling nach Aufbruch und Leben, und darin kommt für mich etwas von Gott durch. Es ist ein bisschen so, als wäre Gott da in diesem Duft anwesend, oder zumindest erinnert mich diese besondere Frühlingsluft an Gott. Weil es zu Gott passt, wenn das Leben sich wieder durchsetzt.

Gleichzeitig bin ich auch überzeugt, dass Gott auch da ist, wo es nicht so gut riecht. Wo es manchmal sogar zum Himmel stinkt, weil die Not groß ist. So war es im Ahrtal oder bei den Erdbeben in der Türkei und in Syrien. Im Leben kann es schrecklich riechen.

Trotzdem verbinde ich vieles in meinem Glauben an Gott mit schönen Düften. Und damit meine ich nicht nur den Weihrauch in der Kirche. In der Bibel wird oft von wohlriechenden Salben und Ölen erzählt. Könige wurden gesalbt. Und auch Jesus ist von einer Frau bei einem Festmahl mit einem duftenden Öl gesalbt worden, und nach seinem Tod wollen ihn Frauen mit duftenden Salben einreiben. In besonderen Zeiten, da passt auch ein besonderer Duft.

An diese Erfahrungen knüpft auch die Tradition an, dass manche Christinnen und Christen bei ihrer Taufe und Firmung gesalbt werden. Mit Chrisam, einem Öl, das auch besonders gut duftet. Nach Rose, manchmal auch ein bisschen nach Orange, Zimt oder Jasmin. 

Da, wo Gott ist, ist auch so etwas wie ein guter Geruch. Paulus hat in der Bibel dazu einen schönen Gedanken. Er schreibt von einem „Duft, der Leben verheißt“, und Menschen, die an Christus glauben, nennt Paulus ein bisschen pathetisch „Christi Wohlgeruch“. Wenn ich Paulus richtig verstehe, kann ich selbst also auch zu einem „Duft“ werden, „der Leben verheißt“. Auch oder gerade da, wo so einiges zum Himmel stinkt.

Übrigens: Charles und Camilla werden heute nicht nur gekrönt, sondern auch gesalbt. Mit einem duftenden Öl, aus Oliven vom Jerusalemer Ölberg. Egal, ob Königin, König oder ganz normaler Mensch: Ich kann mit meinem Leben einen guten Duft verbreiten. Frei nach Paulus, einen Duft für ein gutes und würdevolles Leben für alle.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37586
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