Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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05MAI2023
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Zusammensitzen und erzählen. Das ist so einfach und kann gleichzeitig so guttun. Nach der Beerdigung meines Vaters konnte ich das tief spüren. Auf dem Friedhof blies ein kalter Wind. Und nicht nur Regen lag in der Luft, auch ganz viel Traurigkeit. Aber die Verwandten und Freunde unserer Familie sind danach noch zusammengeblieben und haben sich bei Kaffee und Kuchen aufgewärmt.

Und dann wurde erzählt. Ganz viele Erlebnisse mit meinem Vater. Gemeinsame Unternehmungen. Probleme, die gewälzt, Feste, die gefeiert wurden. Die Eigenheiten, die ihn so einmalig und unverwechselbar gemacht haben. Nach der Beerdigung haben wir uns vom Leben erzählt. Und mit der Zeit wurden nicht nur die Füße wieder warm. Mit der Zeit wurde auch das Todtraurige und Schwere ein bisschen leichter und erträglicher. Und hier und da wurde sogar gelacht, weil auch viel Lustiges aus dem Leben meines Vaters zur Sprache kam.

In meinem Heimatdorf im Westerwald heißt dieser Trauerkaffee nach einer Beerdigung auch „Trösterich“. Ich mag dieses Wort. Denn dieser Kaffee, das Zusammensein und Erzählen, das tröstet wirklich. Weil da ganz viel Zusammenhalt, viel Verbundenheit spürbar ist. Weil das Zusammenrücken zeigt: Wir sind nicht allein.

„Wir sollten uns auch mal ohne traurigen Anlass treffen.“ Der Satz macht häufig nach Beerdigungen die Runde. Ja, das ist ein guter Vorsatz. Denn auch im ganz Alltäglichen tut mir das gut. Ohne konkreten Anlass. Erzählen, was los ist. Was das Herz bedrückt, das Leben schwer macht, aber auch, worauf ich mich freue. Zusammensitzen und erzählen. Und wenn nötig, auch einander trösten.

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