Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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06APR2023
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Er hat ihnen die Füße gewaschen, nicht den Kopf. Für mich eine der schönsten Geschichten in der Bibel. Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße. Es ist der letzte Abend, den Jesus mit seinen Freunden hat. Er weiß, dass seine Stunde gekommen ist, dass er bald gefangen genommen wird und die Geschichte ihren Lauf nehmen wird. Karfreitag, seine Hinrichtung, steht vor der Tür. In dieser Situation hält er seinen Jüngern keine langen Vorträge. Nach dem Motto: Was ihr alles beachten müsst, wenn ich nicht mehr bei euch bin. Er macht etwas anderes, etwas, was wohl mehr wirkt als alle Worte. Er gibt ihnen ein Beispiel. Er wäscht ihnen die Füße. Zur damaligen Zeit, als die Straßen sehr staubig waren und man im warmen Israel wohl in erster Linie in Sandalen umherlief, war das eine große Wohltat. Aber, weil das ja nicht besonders schön ist, andern den Dreck von den Füßen zu waschen, war das eine Arbeit für Sklaven.

Am Schluss, nachdem Jesus allen die Füße gewaschen hatte, gibt es dann den Satz zur Moral der Geschichte. Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe“ (Joh 13, 14) Das ist eine Moral, die ich gut abkann. Eine Moral, die vom andern nicht mehr verlangt, als das, was man selbst vorlebt. Eine Moral, die dem andern die Füße wäscht, nicht den Kopf. Die keine Regeln aufstellt, wie der andere sich zu verhalten hat. Sondern das Gebot der Nächstenliebe lebt, und nicht predigt. 

Nun, aufgrund der moralischen Situation meiner Kirche lässt sich keiner mehr von ihr den Kopf waschen, was ich gut verstehen kann. Vielleicht ist das ja ein guter Einstieg für meine Kirche, sich endlich konsequent an Jesus zu orientieren und sich auf’s Füße-waschen zu beschränken. Damit hätte sie auch genug zu tun.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37389
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