SWR1 3vor8

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26MRZ2023
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Hat sich das wirklich so zugetragen? Kann das überhaupt stimmen? Diese Fragen kenne ich gut, denn ich habe sie selbst. Sie tauchen fast unweigerlich auf, wenn es um Geschichten aus der Bibel geht. Ganz besonders, wenn es sich um Wundergeschichten handelt. Eine der stärksten aber auch der unwahrscheinlichsten ist die Geschichte von Lazarus. (Joh 11,1-45) Sie steht heute im Mittelpunkt der Katholischen Gottesdienste. Da wird nämlich erzählt, wie ein Mensch, der bereits seit vier Tagen tot ist und bei dem der Zerfall des Körpers schon eingesetzt hat, von Jesus wieder zum Leben erweckt wird. Kann das stimmen? Biologisch, so viel scheint klar, erscheint das völlig widersinnig. Doch wenn die Geschichte keine historischen Fakten erzählt, was erzählt sie mir dann?

Wer je einen geliebten Menschen verloren hat, der wird sich vielleicht genau das insgeheim gewünscht haben. Dass jemand kommt, der ihn mir zurückbringt, ihn aufstehen lässt vom Totenbett. Weil dieser Tod einfach nicht wahr sein darf. Bloß, dieser Jemand kommt nicht. Die bittere Wahrheit des Todes lässt sich nicht einfach aus der Welt schaffen. Und deshalb ist diese so unwahrscheinlich klingende Geschichte aus der Bibel für mich vor allem eine Geschichte über die Kraft, die der Glaube verleihen kann. Und auch eine über die Hoffnung.

Auch die Juden damals hofften darauf, dass der Tod nicht das endgültige Aus ist. Vielmehr, dass es da noch ein anderes Leben gibt, nach dem Tod. Darauf vertrauen in dieser Geschichte auch die beiden Schwestern des Verstorbenen. Sie hoffen dabei ganz auf Jesus und auf Gott, und das bekennen sie auch. Auf ihre Hoffnung hin weckt Jesus ihren toten Bruder auf. Für mich erzählt die Geschichte damit: Es ist diese Kraft des Glaubens, die den Tod überwinden kann. Der Glaube an einen Gott, der größer ist als der Tod und der jene, die auf ihn bauen, nicht fallen lässt. Das ist auch mein Glaube. Er lässt mich hoffen, dass alle, die ich geliebt habe und loslassen musste nicht im Nichts enden.

Und da ist noch etwas in der Geschichte: Als Lazarus die Grabhöhle verlässt, da sagt Jesus zu den Umstehenden: Lasst ihn gehen. Das ist wichtig. Einen geliebten Menschen, der tot ist, gehen zu lassen. Ihn im Herz zu bewahren, und dennoch loszulassen – im Vertrauen darauf, dass er lebt.

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