SWR2 Wort zum Tag

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21MRZ2023
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Martina Steinbrecher spricht heute den Beitrag von Malte Jericke:

Manchmal steckt sie sich ihren Fuß in den Mund. Einfach so, ohne jegliche Anstrengung. Beeindruckend. Also ich bekomme meinen Fuß nicht in den Mund. Für meine Tochter ist das kein Problem. Sie ist jetzt ein Jahr alt, da hat sie natürlich gewisse anatomische Vorteile.

Vieles andere kann sie nicht selbstständig: Sich Essen beschaffen zum Beispiel. Da ist sie auf ihre Eltern angewiesen. Ohne Menschen, die sich um sie kümmern, hätte sie keine Überlebenschance. Und trotzdem fällt mir immer wieder auf, dass sie mir in manchem deutlich überlegen ist. Sie kann Dinge, die ich nicht hinbekomme. Und das ist nicht immer nur anatomisch bedingt. Ich beobachte zum Beispiel, dass Menschen oft ganz fröhlich und friedlich werden, wenn sie mit Kindern zusammen sind. Eine Wirkung, die ich nicht immer erziele.  

In der Bibel wird behauptet, dass jeder einzelne für Gott etwas Besonderes ist und irgendwas gut kann (z. B. Gal 3,28f). Das klingt vielleicht wie eine Floskel. Aber ich finde, dass es stimmt. Man kann es erkennen, wenn man die Menschen mit all ihren Fähigkeiten wahrnimmt. So wie ich meine Tochter. Aber es gibt auch andere Beispiele.

Heute ist Welt-Down-Syndrom Tag. Das öffentliche Bewusstsein für Menschen mit Down-Syndrom soll dadurch gestärkt werden. Sie sind im Alltag oft auf Hilfe angewiesen. Viele haben Schwierigkeiten mit unseren sogenannten Kulturtechniken: Lesen, Schreiben, Rechnen. Einige bleiben ein Leben lang auf andere angewiesen. Vielen wird aber auch oft nur wenig zugetraut.  

Natürlich muss man vorsichtig sein mit allgemeinen Zuschreibungen. In einer definierten Gruppe von Menschen sind schließlich nie alle gleich oder können alle dasselbe.

Aber ich habe erlebt, dass Menschen mit Down-Syndrom oft sehr gute emotionale Fähigkeiten entwickelt haben. Sie fühlen mit, nehmen stark Anteil an Freud und Leid anderer und können sehr herzlich sein. Viele haben keine Vorbehalte oder Vorurteile und können Menschen sehr gut so annehmen, wie sie sind. Ich finde, das sind ganz wichtige Fähigkeiten. Und mir zumindest gelingt das nicht immer so gut.  

„Jeder ist etwas Besonders und jeder kann etwas gut.“ In den Begegnungen mit den Downies, die ich kenne, werden solche Sätze für mich wahr.  

Dass Menschen im Alltag auf Hilfe angewiesen sind, heißt nicht, dass diejenigen, die ihnen helfen, grundsätzlich überlegen wären oder mehr können. Menschen haben einfach unterschiedliche Fähigkeiten.

Martina Steinbrecher sprach heute den Beitrag von Malte Jericke von der evangelischen Kirche in Stuttgart

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37306
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