SWR1 Begegnungen

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12MRZ2023
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Nina Roller Foto: ekiba

Peter Annweiler trifft Nina Roller, Pfarrerin für Projekte bei der Bundesgartenschau Mannheim

Teil 1: paradiesisch

Die 36jährige will frische Formate unter die Menschen bringen. Als ich die Pfarrerin besuche, spüre ich gleich: Die Frau ist am richtigen Platz, wenn sie für Kirchenprojekte auf der Mannheimer Bundesgartenschau  unterwegs ist.

Ich brenne dafür, rauszugehen dahin, wo Menschen vielleicht gar nicht mit Kirche rechnen und da zum einen Themen zu setzen und mit den Menschen über diese Themen ins Gespräch zu kommen.

Und dafür hat sie mit ihrem ökumenischen Team schon ganz schön viel vorbereitet. Wenn die Schau Mitte April anfängt, dann gibt es viel mehr als besinnliche Impulse zwischen Orchideen und Oleandern.

Wir haben auf der Bundesgartenschau ein ganz wunderbares Gelände, den sogenannten Möglichkeitsgarten. Der Möglichkeitsgarten ist zugleich Kirche und Garten, das ist ein Ort, an dem Neues wachsen soll, sowohl pflanzlich als auch inhaltlich und im Miteinander.

Also ein „Kirchgarten“ für ein neues Miteinander von Religion und Natur!  -  Das macht Sinn. Eben weil wir angesichts des Klimawandels das Miteinander von Mensch und Schöpfung neu denken müssen. Und da ist es so einleuchtend, auf die ur-alte Verbindung von Religion und Garten zu stoßen:

Tatsächlich ist meine Lieblingsverbindung zwischen dem Garten und meinem Glauben und der Bibel die naheliegendste, nämlich das Paradies. Ich glaube, dass wir in den Herausforderungen, vor denen wir stehen, ganz gut beraten sind, wenn wir diese Geschichte uns wieder hervorholen als Maßstab und auch als Kraftbild, aus dem man schöpfen kann. Son inneres Kraftbild, in dem eben die Welt sehr gut ist – und daran erinnert mich das, wenn ich in Gärten unterwegs bin.

Und wir leben zwar schon längst nicht mehr im Paradies. Aber wenn der Mensch im Garten wirkt, gilt zweierlei: Er findet etwas Ursprüngliches und Natürliches vor, das viel größer ist als er selbst. Und er kann säen, jäten, ernten. Er kann gestalten.

Der Garten ist Schnittstelle zwischen Natur und Kultur. Und diese Schnittstelle zwischen Schöpfung und Mensch hat Nina Roller schon früh kennen gelernt

Ich bin nämlich richtig aufm Land aufgewachsen mit einem großen recht wilden, aber auch schönen Garten mit einem kleinen Acker, auf dem Dahlien gewachsen sind, aber auch Kartoffeln und ner Streuobstwiese.

Ganz arg spüren wir in den letzten Jahren: Selbst solche Kraftquellen sind durch die Erderwärmung bedroht. Die Balance von Mensch und Natur ist katastrophal aus dem Lot geraten. Und in der bedrohten Welt wird der Garten genau deshalb neu zum Übungsfeld von Zuversicht.  „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute einen Apfelbaum pflanzen.“ sagt schon das Martin Luther zugeschriebene Hoffnungswort, längst nicht nur ein Kompass für das Wirken im Garten.

Teil 2: schöpferisch nach draußen

Nina Roller hat Stadt und Land,  Kultur und Natur in ihrem eigenen Leben gut ausbalanciert. Da passt es gut, dass die 36jährige Mannheimer Pfarrrein jetzt den Auftrag hat, Projekte für die Bundesgartenschau zu entwickeln.

Wenn ich in der Natur bin, dann tank ich da wahnsinnig auf – und in der Natur was zu tun, tut mit an Körper und Seele gut. Und die Liebe zum Kulturellen und zum Urbanen, und aber auch zur Schöpfung und zum Leben in der Natur – die verbindet sich jetzt für mich.

Nina Roller steckt andere an mit ihrer Begeisterung für Natur, Kultur und Religion. Schon Anfang des Jahres hatte die dynamische Frau mit ihrem ökumenischen Team 105 Ehrenamtliche zusammengebracht und 27 Themenwochen fix und fertig vorbereitet.

Wir beginnen die Bundesgartenschau mit der Themenwoche  „Himmel auf  Erden“ – da geht es um Visionen für eine Welt, die gut ist, um Geschichten über eine Welt, die gut ist – die haben wir ja in unserer Tradition. Wir hören auf mit „Gott sei Dank“ – das ist dann der große Bogen, der gespannt wird, die Dankbarkeit für das, was nicht selbstverständlich ist.

Und dazwischen finden sich Themenwochen zu „Arbeitswelt“, zu „Leben und Sterben“ oder zu „queerer Kirche“.

Die Bundesgartenschau wird sicher auch ein großes Sommerfest, bei dem viele Leute in einer großen Offenheit und in einer Lebensfreude einander begegnen -  und ich finde, wir leben als Kirche von so nem lebendigen Geist, der Begegnung provoziert, der in die Auseinandersetzung mit anderen provoziert, der Menschen öffnet füreinander und insofern entspricht uns das total, an so nem lebedigen Ort zu sein, wo viele Menschen unterwegs sind.

Und für diese Begegnungen ist es gut „nach draußen“ zu gehen. Eben weil es wichtig ist, nicht nur in den inneren Zirkeln „drinnen“ in den Kirchenräumen zu bleiben, sondern draußen auch die bedrohte Schöpfung als Thema „nach vorne“ zu bringen.

Ich glaube, wir sind gefordert, „Bewahrung der Schöpfung“ nicht als zusätzliches Thema … zu denken, sondern wirklich als  zentrales Thema unsres Glaubens zu verstehen – uns selbst als Menschen auch zu verstehen als Mitgeschöpf, als Teil der Schöpfung und nicht als etwas der Schöpfung Enthobenes.

Ja, da stimme ich Nina Roller zu: Es ist ein zentrales Glaubensthema, wie verbunden Mensch und Mitgeschöpfe sind.  Viele sind heute womöglich eher mit ihrem Smartphone verbunden als mit Baum und Blume. Und viel zu lange hat die Vorstellung vom Menschen als „Krone der Schöpfung“ dazu geführt, dass die Verbindung von Mensch und Schöpfung aus dem Lot geraten ist. Dabei weiß schon die Bibel, dass die „Krone der Schöpfung“ der siebte Tag ist: Also der Sabbat und damit der Ruhetag. Der Tag des Innehaltens und Einklangs zwischen Schöpfung und Gott. Schön, wenn wir uns wieder mehr als Teil der Schöpfung verstehen und wenn die Begegnungen auf der Mannheimer Bundesgartenschau dazu beitragen. 

Nähere Informationen:
www.kibuga23.de

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37280
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