Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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17MRZ2023
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Kinder werden groß. Nach und nach werden sie immer selbstständiger. Das braucht aber auch seine Zeit. Und manchmal ist es nicht leicht, den Dingen ihren Lauf zu lassen.

„Ich will nicht ins Schullandheim!“ Für unsere älteste Tochter war das klar – letztes Schuljahr in der vierten Klasse. Die Aussicht, mehrere Tage lang ganz woanders zu sein, dort auch noch zu übernachten, hat sie spürbar überfordert. Ein bisschen haben da vielleicht auch noch die Umstände ihrer Geburt eine Rolle gespielt. Damals musste sie gleich weg von Mama und Papa, wurde ein paar Tage lang getrennt von uns versorgt. Es ging nicht anders damals – die Entscheidung lag nicht in unserer Hand.

In Corona-Zeiten ist aus der Schullandheim-Unternehmung dann sowieso nichts mehr geworden. Unserer Tochter kam das natürlich gerade recht. Und auch wir Eltern haben gedacht: Vielleicht ist es jetzt erst mal besser so. Aber – ein bisschen Sorge hatten wir schon: Wie soll das dann erst nächstes Schuljahr werden, in der weiterführenden Schule und einer völlig neu zusammengesetzten fünften Klasse? Geht es dann nicht erst recht schief? Beim allerersten Elternabend hieß es tatsächlich gleich, schon bald gehe es für drei Tage zusammen weg … Wieder lag es nicht in der Hand von uns Eltern, was daraus werden würde.

Und dann – wurde alles ganz, ganz toll. Die neuen Klassenlehrerinnen hat unsere Tochter rasch ins Herz geschlossen. Und sie hat sofort Freundinnen gefunden. Schon Wochen vor der Abfahrt war klar: Wir gehen gemeinsam in ein Sechserzimmer! Diese Gemeinschaft hat ihr Sicherheit gegeben. Und aus der einstigen Angst wurden Vorfreude und Abenteuerlust. Am Schluss war sie es dann, die ihre beiden kleinen Geschwister getröstet hat – die hatten nämlich deutlich mehr zu knabbern an der Trennung … Von mir als Papa hat sie sich in der Bahnhofshalle zügig verabschiedet. Und während der drei Tage hat sie sich nur einmal ganz kurz gemeldet bei uns.

Das hat mich sehr berührt. Unsere Tochter wird groß, habe ich da gespürt. Und selbstbewusst, eigenständig. Mehr und mehr Wege kann sie jetzt allein gehen. In nicht mal einem Jahr ist ganz viel passiert. Und vielleicht ist es ja manchmal auch besser, den Dingen ihren Lauf zu lassen – und Kindern Zeit für ihre persönliche Entwicklung. Ganz viel haben wir Eltern sowieso nicht in der Hand. Das tut jemand Größeres, Gott sei Dank.

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