SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

18MRZ2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Früher wurde in der Fastenzeit vor allem auf Fleisch verzichtet. Heute wird moderner gefastet: Auf Verpackungen, aufs Meckern oder auf schlechte Gewohnheiten verzichten. Dieses Jahr schlagen die Kirchen Klimafasten vor. Sieben Wochen mit sieben unterschiedlichen Schwerpunkten und praktischen Tipps: Vom Beleuchtung-Sparen übers Anders-Einkaufen bis zum Wertschätzen der Natur.

Den Wert der Natur zu schätzen finde ich schwierig. Aber es gibt Wissenschaftler, die versuchen, dafür einen Preis zu errechnen. Einer von ihnen ist der Münchner Professor und Biochemiker Frederic Vester. Er hat den Geldwert eines Rotkehlchen untersucht. Neben dem reinen Materialwert bekämpft es Schädlinge und erfreut Menschen. Damit kommt es auf einen Geldwert von 150 Euro. Oder eine Buche:  Sie reinigt die Luft, spendet Schatten und bietet Heimat für ganz viele Kleintiere. Sie erwirtschaftet stattliche 250.000 Euro.

Bei diesen Rechenspielchen bin ich hin- und hergerissen. Auf der einen Seite bin ich strikt dagegen, dass die Natur durch eindeutige Preise vom Kapitalismus vereinnahmt wird. Denn was einen Preis hat, das kann ich auch kaufen. Auf der anderen Seite ist so eine konkrete Zahl auch gut, um den wahren Wert der Natur zu erkennen. Denn noch bezahlt niemand dafür, wenn er die Luft verpestet, Insekten oder Pflanzen zerstört oder Regenwürmer zu asphaltiert.

Man hat herausgefunden, dass keine der 20 größten Wirtschaftsbranchen profitabel arbeiten könnte, wenn sie dafür bezahlen müsste, was sie kaputt macht. Vielleicht also doch keine so schlechte Idee, wenn an ganz vielen Dingen kleine imaginäre Schilder wären: in einem Fluss, auf einer Blumenwiese, an einer Schnake oder in einem Steinbruch. Und auf diesen Schildchen sollte neben dem Preis stehen: „Mensch, behandle mich gut, ich bin wertvoll!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37265
weiterlesen...