SWR1 Begegnungen

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26FEB2023
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Malte Budde

Annette Bassler trifft Malte Budde, Generaldirektor eines 4-Sterne-Hotels in Mainz


Teil 1: Was einen professionellen Gastgeber ausmacht

Ein festlich gedeckter Tisch, lecker gekochtes Essen, ein gemütliches Bett zum Schlafen- herrlich! Gastfreundschaft. Für mich eine Wonne. Malte Budde hat diese Gastfreundschaft zu seiner Profession gemacht. Schon früh wollte er mal „was mit Hotel“ machen. Da war er fünf und mit seinen Eltern in einem Hotel in Budapest. Eins mit Liftboy.

Und dieser Liftboy hat mich genauso behandelt wie jeden anderen Gast. Und ich fand das als Kind natürlich ganz toll mit diesem Liftboy -der hatte weiße Handschuhe an- immer auf abzufahren mit diesem Aufzug. Und er hat -meine Eltern haben in der Lobby Kaffee getrunken- hat mir die Tür aufgehalten, ist mit mir in die fünfte Etage, hat mich rausgelassen. Ich bin wieder runter in die Lobby. Ich bin in die zehnte Etage, bin wieder in die Lobby und er hat eine Stunde lang mich hin und hergefahren. Und das ist mir so im Kopf geblieben, dass ich seitdem wirklich gesagt habe: das will ich später auch mal machen!

Also hat er „Hotel“ von der auf Pike gelernt: Zimmer putzen, kochen, bügeln, servieren, also alle Arbeiten, die in einem Hotel anfallen plus ein Betriebswirtschaftsstudium. Heute leitet der 44jährige Vater von zwei kleinen Kindern ein 4- Sterne Hotel in Mainz. Was muss man können, wenn man professioneller Gastgeber werden will? Nix, meint er. Nur eins:

Man muss mit Menschen umgehen wollen und können, und das kann man nicht lernen. Das - muss man lieben. Alles andere kann man den Leuten beibringen.  

Menschen gerne weiterhelfen, Menschen mögen mit all ihren Schrullen und Besonderheiten- für Jesus das höchste Gebot der „Nächstenliebe“. Für Malte Budde die Voraussetzung dafür, ein guter Gastgeber zu sein.

Jeden Tag sind wir Gastgeber von 200, 300, 400 Menschen, die alle ihre Wehwehchen und ihre Probleme haben. Und man muss für diese Menschen da sein. Man muss sich um diese Leute kümmern, die alle ihren persönlichen kleinen Rucksack mit sich tragen, und sei es Gäste, sei es Mitarbeiter. Und das kann man nicht lernen, das muss man mögen.

Wie gerne er Gastgeber ist, das hat er während in der Zeit der Pandemie gespürt. Da hat er das ganze Hotel schließen, alle Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und alles auf Notstrom umstellen müssen. Drei Jahre mussten alle blitzschnell agieren und sich auf täglich neue Coronaverordnungen umstellen. Wie das ging? Durch finanzielle Rücklagen, Optimismus und ein Team, das sich gegenseitig unterstützt hat. Ohne das Engagement und die Solidarität im Team ein Ding der Unmöglichkeit. Was geblieben ist:

Sagen: ok, machen wir! Wir wissen, dass wir es nicht ändern können, aber wir wollen aus der Situation das Beste machen. Das hat Team auch unheimlich eng zusammengebracht, also nicht nur die Leitung, sondern auch alle einzelnen Mitarbeiter unheimlich eng zusammengebracht.

Heute beherbergt das Hotel nicht nur VIPs und reiche Geschäftsleute, sondern auch Geflüchtete und die, die alles verloren haben.

Teil 2: Reich und Arm unter einem Dach

Malte Budde ist Generaldirektor eines 4- Sternehotels in Mainz. Zum Gespräch hat er mich in die Präsidentensuite eingeladen. Weil die grade frei war. Mit herrlichem Rundblick über den Rhein. Hier haben schon Olaf Scholz und das belgische Königspaar gesessen. Ein paar Etagen tiefer haben aber auch Geflüchtete aus dem Ahrtal und der Ukraine gewohnt. Kostenfrei. Sich für Menschen in Not zu engagieren, ist Malte Budde ein Herzensanliegen. Und das ist so, seit er Verantwortung trägt für seine Mitarbeiter.

Wir haben natürlich viele auch internationale Mitarbeiter, die ja überall auf der Welt ihre Familien haben. Jetzt haben wir aktuell die Situation in der Türkei, in Syrien.

Und so hat er einen Mitarbeiter kurzerhand in die Türkei zu seiner Familie geschickt. Das Team übernimmt seine Arbeit und sein Gehalt läuft weiter.
Kurz nach dem Beginn des Ukrainekrieges hat er 60 Geflüchtete für mehrere Wochen im Hotel aufgenommen. Kostenfrei. Als Chef kann er das. Aber wie finanziert er das?

Ein leerstehendes Zimmer ist ein leerstehendes Zimmer. Letztes Jahr war Corona. Da hatten wir nicht die Situation, dass wir immer ausgebucht waren. Da ging das sehr gut. Da konnte man das machen ohne Probleme. Wir haben die Zimmer nicht gereinigt. Dann entstehen uns ehrlicherweise keine Kosten.

Die Liste solcher Hilfsaktionen ist lang und vieles passiert geräuschlos. Unbelegte Zimmer, Mitarbeiter, die sich ehrenamtlich engagieren und sich gegenseitig vertreten. Natürlich muss man klug überlegen, was machbar ist. Aber die Frage nach den Kosten ist für Malte Budde die falsche Frage. „Wenn du gibst, dann soll die linke Hand nicht wissen, was die Rechte tut!“ würde Jesus dazu sagen. Malte Budde macht einfach. Weil er davon überzeugt ist: Das Gute, das man tut, kommt irgendwie auch wieder zurück. Und das erlebt er auch so.

Es erdet sehr, wenn wir mit unseren Gästen zu tun haben. Also- das Wasser ist nicht warm genug, der Kaffee ist nicht warm genug. Das sind so die Herausforderungen, die man dann so hat. Dann regen wir uns darüber auf, dann versuchen wir, das zu lösen-

Aber das gelingt oft nicht so schnell. In solchen Situationen geht Malte Budde gerne mal weg. Besucht die, denen es nicht so gut geht. Menschen im Altenheim zB. Wo er mit der dortigen Pfarrerin ein Projekt gestartet hat.

Mir ist es tatsächlich wichtig, solche Sachen zu machen in diesem Arbeitsleben mittendrin und dann geht man kurz vor Weihnachten, wo hier alles auf Caterings und Gans essen und so weiter ist, um 17 Uhr in den Gottesdienst im Altenheim, dann ist man in einer komplett anderen Welt. Dann- ja, ordnet das die Probleme. Wo man dachte, der kalte Kaffee war das größte Problem des Tages. Das kann man auch ganz gut den Mitarbeitern transportieren, ihnen das Gefühl geben: geht nach Hause, kümmert euch um eure Lieben, um eure Familien. Der Kaffee- das Problem klären wir morgen.

Malte Budde hat mich dazu angeregt, ein bisschen mehr Gastgeberin zu sein. Runterzukommen von überzogenen Ansprüchen an mich und andere. Und mit Menschen, die denen das guttut, das Leben zu feiern. Weil ich glaube: da gibt Gott seinen Segen dazu.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37206
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