SWR3 Gedanken

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09FEB2023
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Lippenstiftbotschaften am Spiegel. Meine Mutter hat das immer gemacht: Wenn sie sich an etwas wirklich Dringendes, erinnern wollte, dann hat sie mit einem ihrer Pinkroten Lippenstifte auf ihren großen Badezimmerspiegel geschrieben.

„Freitag 11 Uhr, Zahnarzt“ oder „Frau So und So anrufen“. Und manchmal hat sie auch meinem Vater Liebes-Botschaften am Spiegel hinterlassen, dass er ja nicht vergisst, wie lieb sie ihn hat.

Der Blick in den Badezimmerspiegel ist ja meistens, der erste bewusste Blick am Morgen. Je älter ich werde, desto müder sehe ich aus: Mein Gesicht von der Nacht zerknautscht, um die Augen sowohl Brille, als auch dunkle Augenringe und die Haare – von denen will ich gar nicht erst reden. Mit der Zahnbürste im Mund gucke ich dann in dieses Spiegelbild. An Manchem Morgen muss ich darüber lachen - das ist dann ein guter Morgen. Aber es gibt auch andere Tage. Da hab´ ich weniger Humor. Da fällt es mir schwer gut zu finden, was ich da sehe. Das kommt besonders dann vor, wenn ich überarbeitet und unzufrieden mit mir selbst bin. Oder wenn ich mich einsam fühle und traurig bin, dass in meinem Bad - obwohl ich zwei Waschbecken habe - niemand neben mir steht.

Ich weiß mittlerweile, dass ich an solchen Tagen daran erinnert werden muss, dass ich ein wertvoller Mensch bin. Und so habe ich mir die Erinnerungsmethode meiner Mutter, zu eigen gemacht. Jede Woche schreibe ich mit leuchtend Pinkrotem Lippenstift einen Spruch, eine Liedzeile oder einen Bibelvers auf meinen Badezimmerspiegel.

Letzte Woche stand da: „Für mich soll´s rote Rosen regnen!“, von der Hildegard Knef. Und diese Woche steht da: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ (Ps 18,30) Weil ich mich dringend erinnern will, dass mit Gott an meiner Seite alles zu schaffen ist!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37036
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