SWR3 Gedanken

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30JAN2023
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Reserve – so heißt das Buch von Prinz Harry, das kürzlich erschienen ist. Und nicht ohne Grund hat er sein Buch so genannt: Weil er jahrzehntelang so ein Leben gelebt hat: Als Reserve, als Ersatz für seinen größeren Bruder William.

Es ist sicherlich nicht einfach, als Bruder des Thronfolgers erwachsen zu werden. Geschwisterbeziehungen sind ja an sich schon komplex. Geschwister sind die Menschen, die uns am längsten kennen. Mit ihnen sind wir eng verbunden. Sie sind aber auch unsere ersten Rivalen: Auf sie sind wir eifersüchtig, wenn sie mehr Aufmerksamkeit von den Eltern bekommen oder besser im Sport oder in der Schule sind. Und sie wissen am besten, wie sie uns ärgern können. Aber letztlich verbirgt sich darin auch eine große Chance: Geschwister können in einem geschützten Rahmen lernen, zu streiten, Verletzungen einzustecken oder auch auszuteilen und dann – wenn‘s gut läuft – sich auch wieder zu versöhnen.

Meine eigenen Brüder sind genauso alt wie William und Harry. Aber im Gegensatz zu den Prinzenbrüdern sind die beiden bis heute eng miteinander verbunden. Wenn ich die beiden frage, warum sie sich auch heute noch so gut verstehen, dann erinnern sie sich an ein Gespräch mit meiner Mutter. Sie hat den beiden gesagt: „Ihr habt zwei Möglichkeiten: Entweder ihr werdet harte Konkurrenten und macht euch das Leben schwer oder ihr haltet zusammen und seid doppelt so stark.“ Und so haben die beiden sich entschieden, füreinander da zu sein, anstatt sich gegenseitig fertig zu machen. Natürlich gibt es weiterhin Streit, Eifersüchteleien und Verletzungen. Aber das können die beiden – im Gegensatz zu William und Harry – unter sich, ganz privat klären und auch mal so tun, als wäre nichts gewesen – ohne, dass die ganze Welt sich in ihre Beziehung einmischt.

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