SWR3 Gedanken

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27DEZ2022
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Ich würde wahnsinnig gerne mit Bäumen sprechen können. Mich faszinieren die hohen Tannen in unserem Stadtwald. Manche sind so hoch gewachsen, dass ich ihre Spitze kaum sehen kann. Und ich liebe die verkrümmten, schief gewachsenen Eichen, die gegen Wind und Wetter gekämpft haben. Die meisten standen schon hier, als Freiburg noch zu Vorderösterreich gehörte.

Ich würde so gerne hören, was diese Bäume zu erzählen haben! Von den vielen kalten Wintern, die sie erlebt haben und überlebt. Von den vielen Menschen, die an ihnen vorbei gelaufen sind – lachend, streitend, verzweifelt, voller Hoffnung. Von den vielen heißen Sommern, in denen sie nur wenig Rinde zulegen konnten. Von den vielen Tieren, die sich bei ihnen versteckt und an ihnen geknabbert haben. Von den Zeitläuften mit ihren menschlichen Revolutionen, Kriegen und Friedenszeiten. Von dem, was es heißt, durchzuhalten, zu überleben. Nach einem kalten Winter wieder auszutreiben. Einer Vogelfamilie Raum geben. Menschen einen Schattenplatz zu bieten. Immer wieder neu. 

Manchmal bleibe ich eine Weile an so einem uralten Baum stehen. Ich höre zu, wie der Wind die Zweige bewegt. Vielleicht spricht der Baum ja doch? Wenn ich mich sehr anstrenge, kann ich’s hören:
„Wer Gott vertraut, ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und seine Blätter verwelken nicht!“

OK, das ist eigentlich ein Satz aus einem Psalm, aber vielleicht konnte der Psalmschreiber ja auch mit Bäumen sprechen …

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