Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ sagt Gunter Demnig. Er ist Künstler und er hat das Kunstprojekt „Stolpersteine“ ins Leben gerufen.
Es erinnert an die Opfer der NS-Zeit. Und damit an Menschen, die heute nur noch wenige persönlich kannten und die vergessen wären – gäbe es nicht ihre Namen. Und mit diesen Namen für uns die Erinnerung an konkrete Menschen und ihr Schicksal.
Darum verlegt Gunter Demnig vor den früheren Wohnungen der NS-Opfer Gedenksteine aus Messing in den Gehweg. Das sind seine Stolpersteine gegen das Vergessen. Über 14.00 solcher Stolpersteine hat er mittlerweile in fast 300 Städten verlegt. Jeder dieser Steine trägt eine Messingtafel mit einer Inschrift. Zum Beispiel in der Ebersteinstraße in Pforzheim - “Fred Josef, Sohn eines Juden und einer Christin, geboren am 18. Oktober 1911, Apotheker in Pforzheim, Regimegegner, St.Georgs Pfadfinder, deportiert nach Auschwitz, dort am 21. Oktober 1943 ermordet.“
Es sind nur kleine Steine, die da vor den Häusern im Gehweg liegen. Sie können und wollen gar nicht die einstigen Täter anprangern oder gar eine ganze Generation von Mittätern belasten. Es geht auch nicht um die um besserwisserische Überheblichkeit der Nachgeboren. Die Stolpersteine wollen vor allem eines: bei der jüngeren Generation ein neues Bewusstsein schaffen für einen versöhnlicheren Umgang mit der Last der Vergangenheit.
Viele zweifeln ja daran, ob wir uns in Deutschland wirklich so mit der Vergangenheit auseinander gesetzt haben, dass sie kommenden Generationen nicht als schweres innerliches Erbe nachhängt. Vergessen und Schweigen sind eine drückende Last, die noch Generationen nachher schwer belasten können.
Die Erinnerung macht dieses Erbe nicht unbedingt leichter. Aber aus der Erinnerung kann Kraft kommen für die Gegenwart. Die Stolpersteine wollen Aufmerksamkeit im Vorrübergehen. Sie wollen an Einzelschicksale erinnern und menschliche Reaktionen auslösen. Sozusagen im Vorrübergehen. Und dass Kinder ihre Eltern und Großeltern fragen, was eigentlich damals geschah. Und dass die Alten mit den Jungen sprechen über Verstrickung und Blindheit, über Neubeginn und Zivilcourage.
Ich glaube, so werden Jugendliche motiviert, genau hinzuschauen, was denn in unserer Zeit in der Welt und in Deutschland vorgeht. Und sich einzumischen, wenn es nötig ist.
Wenn das gelingt, dann ist jeder kleine Stolperstein ein Meilenstein auf dem Weg gegen das Vergessen.

Die Stolpersteine verbrauchen keine Steuergelder. Sie sind Geschenke an die Stadt, finanziert von Menschen, die diese Aktion gegen das Vergessen für wichtig halten. Das Verlegen kostet pro Stein 150 Euro, einschließlich Herstellung, Neben- und Folgekosten.
www.stolpersteine.com
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3675
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