Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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05DEZ2022
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Jetzt ist draußen so richtig Advent – Warten auf Weihnachten. Nach dem dunklen November strahlen überall Lichter auf. Die öffentliche Adventsbeleuchtung mag in Zeiten der Energiekrise etwas spärlicher ausfallen. Aber in Einfahrten und Fenstern sehe ich immer noch jede Menge Schwibbögen, Sterne, Lichterketten. Ein paar LED-Lampen lassen sich schon noch finanzieren. Und Kerzenlicht kostet ja fast nichts.

Mir persönlich geht das manchmal eine Spur zu schnell und einfach mit dem Licht im Advent. Das Dunkel ist ja nicht einfach vorbei und lässt sich auch nicht rasch mal wegleuchten. In meinem Leben belastet mich immer noch manches. Die weltweiten Krisen sind auch schwer zu übersehen. Und die Nächte sind im Dezember ja sogar noch länger. Innerlich kann ich da nicht mal so eben das Licht einschalten.

Als es zum ersten Mal Advent wurde, war es gar nicht groß anders. Auch damals, vor 2000 Jahren, haben Licht und Dunkel ganz nah beieinander gelegen. Damals war es eine junge Frau, die auf Weihnachten gewartet hat. Darauf, dass Jesus geboren wird. Maria. In der Bibel wird erzählt, wie Maria von einem Engel erfährt, dass sie dieses Kind zur Welt bringen wird. Von der Nachricht ganz überwältigt fängt sie an, ein Lied über Gott zu singen [vgl. Lukas 1,46-55]. Und in diesem Lied geht es ganz schön dunkel zu: Menschen müssen hungern, heißt es da, Schwache werden unterdrückt, für unbedeutend erklärt. Und als einfache Frau hat auch Maria eigentlich nichts zu sagen zur damaligen Zeit. Maria singt und dichtet das nicht schön.

Und zugleich besingt sie, wie es hell wird – in der Welt und in ihrem eigenen Leben. Das göttliche Kind, das da jetzt in ihrem Bauch heranwächst, stellt nämlich die bisherigen Maßstäbe komplett auf den Kopf. Machthaber und Kriegsherren, Reichtum und das Recht des Stärkeren gelten bei diesem Kind nichts. Es wird sich den Schwachen zuwenden und die, die scheinbar niemand beachtet, groß machen. Jesus kommt gerade in die Dunkelheit, durch ihn kann man auch dort Gott begegnen. Deshalb erhebt Maria laut ihre Stimme, hebt den Blick – und schaut mit neuer Perspektive ins Leben.

Das Dunkel ist da – in der Welt und in meinem Leben. Das will und muss ich nicht wegschieben. Und zugleich sehe ich jetzt im Advent die Lichter leuchten. Sie verändern meinen Blick, bringen mir Gott nahe. Diese Hoffnung lasse ich mir nicht nehmen. Und Sie hoffentlich auch nicht.

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