Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

20NOV2022
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Eine Freundin ist neulich auf einer Beerdigung gewesen und hat erzählt: Stell Dir vor, da hat niemand gesungen! Dabei gehört Singen für sie einfach zu einer Beerdigung dazu – auch, um den Abschied erträglicher zu machen.

Tatsächlich merke ich, dass nicht mehr oft bei Beerdigungen gesungen wird. Auch weil viele sagen: „Ich könnte jetzt gar nicht singen, meine Kehle ist wie zugeschnürt.“ Ich finde das schade, denn ich habe selber erlebt: Singen hilft. Und vor allem: Musik hilft. 

Nicht als Hinwegtrösten. Nicht um zu beschönigen, wie schwer Sterben ist. Sondern weil vieles nicht in Worte gefasst werden kann. Ich glaube, Musik kann auf ganz eigene Weise helfen, sich mit der Endlichkeit auseinanderzusetzen und dabei trotzdem Trost und Weite zu erfahren. Durch Musik können auch Momente der Unendlichkeit im Leben bewusstwerden und etwas von Ewigkeit aufscheinen.

Für mich kommt in Musik oft ein Stück vom Himmel zum Vorschein. Himmel: als Kind habe ich gelernt, dass ist der Ort, wo die Verstorbenen hinkommen. Heute würde ich es anders beschreiben. Ich würde sagen: Ein Teil vergeht. Aber der Kern der Verstorbenen, Seele, Geist, wie immer wir es nennen, findet zwei Orte: einen Ort im Herzen derer, die zurückbleiben. Die lieben und nicht vergessen. Und die auch durch Musik manchmal verbunden bleiben.

Und einen zweiten Ort, der selbst dann bleibt, wenn die Anderen selber irgendwann sterben: Ein Ort bei Gott, von dem wir herkommen. Wo die Seele ein Zuhause hat, und wo Schmerz und Angst aufhören. Wenn ich den Himmel sehe, einen Regenbogen oder ein besonderes Wolkenspiel und auch in manchen Liedern erlebe ich einen Hauch dieser Unendlichkeit. Das nimmt nicht allen Schmerz, denn im Lebenslied fehlt nach dem Tod eines lieben Menschen ein entscheidender Ton, eine Stimme. Aber irgendwann, glaube ich, klingt das Lied wieder voll und schön.

Und darauf lassen mich jetzt schon die kleinen Erfahrungen von Unendlichkeit hoffen. Sie sagen mir: es kommt noch was. Und das wird gut.

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