Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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21OKT2022
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Eine Freundin erzählt mir von ihrem Urlaub. Sie ist in Ávila im Herzen von Spanien gewesen und jetzt schwärmt sie mir von der beeindruckenden und gut erhaltenen Stadtmauer mit ihren Türmen. Ein Highlight bei Nacht! Und sie erzählt viel von Theresa, einer Nonne, die in Ávila kurz nach 1500 gelebt und eigene Klöster gegründet hat. Klöster mit neuen Denkanstößen für die religiöse Praxis. Und das als Frau.

Ich kenne die Heilige Theresa von Ávila. Sie hat ihre Gedanken über Gott und den Glauben in einer sehr bildhaften Sprache verfasst und war recht schlagfertig. Sie war zum Beispiel der Meinung, um Gott zu begegnen, muss man nicht asketisch leben, sondern da darf man auch genießen und sich richtig freuen. Deshalb hat sie gesagt: „Hätte Gott nicht gewollt, dass Menschen fröhlich lachen, dann hätte er die Welt nicht so herrlich gemacht.“ Ihr Weg ist damals neu gewesen und auch ein Kontrastprogramm zu dem, was sonst gelebt wurde.

Theresa lebt in einer Zeit, in der die Menschen Angst haben nach dem Tod in die Hölle zu kommen. Gott ist der strenge Richter, der am Ende entscheidet, ob man gut oder schlecht gelebt hat. Theresa hat Angst etwas falsch zu machen, betet deshalb viel und tritt ins Kloster ein. Allerdings sind viele spanische Klöster damals weniger geistliche Zentren, sondern mehr gehobene Pensionate.

Nach und nach empfindet sie die Klosterpraxis als nicht richtig und gründet ihr eigenes. Fromm runtergebetete Rituale und der bisherige Lebensstil im Kloster helfen ihr bei ihrer Suche nach Gott nicht. Sie entwickelt einen neuen Weg: Es geht nicht mehr darum etwas zu tun, sondern um loszulassen. Und: Gott wandelt sich dabei vom strengen Richter zum guten Freund, dem sie sich anvertrauen kann in allem, was sie tut.

Ich verstehe Gott ebenfalls als einen guten Freund, mit dem ich reden kann. Nur mit den Gesprächszeiten ist das so ne Sache. Meistens sprechen wir morgens oder abends.

Theresa von Ávila ist für mich da ein kleiner Stolperstein geworden, denn ich will auch zwischendurch mit Gott reden, also mitten am Tag, zum Beispiel bei der Hausarbeit. Nur denk ich nicht immer daran oder kann nicht loslassen. Aber ihr Blick hilft mir und ihre Alltagsweisheit, nämlich, dass Gott auch zwischen Pfannen und Kochtöpfen unterwegs ist.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36387
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