Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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20OKT2022
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Eine Reise nach Assisi in Italien, ich kann’s nur empfehlen. Mich hat das kleine umbrische Städtchen auf dem Hügel verzaubert. Es ist nur noch optisch malerisch schön, sondern ist auch die Heimat des Heiligen Franz und fast jede Ecke dieser Stadt erzählt eine kleine Geschichte aus seinem Leben. Aber der Reihe nach:

Franz lebt um 1200 und stammt aus einer wohlhabenden Tuchhändler Familie. Er hat eine gute Ausbildung gemacht und ist seitdem als Kaufmann im Geschäft seines Vaters tätig. Entsprechend gutverdienend weiß er auch, wie man Partys feiert und wie man Geld ausgibt. Es geht ihm gut und ein paar Jahre später will Franz noch mehr: Ritter sein und Ruhm und Ehre genießen. Deshalb zieht er in Kriege. Allerdings wird er gefangen genommen, krank und depressiv. Er kehrt nach Hause und beginnt sich zurückzuziehen. Gibt sich mit Bettlern und Kranken ab, tauscht sogar seine gute Kleidung mit ihnen und verteilt die guten Waren seines Vaters. Irgendwie verständlich, wenn sein Vater jetzt verärgert reagiert. Aber Franz setzt noch einen drauf: Auf dem Marktplatz von Assisi zieht er sich nackt aus und übergibt seinem Vater seine Kleidung. Er will lieber arm sein und unter dem Schutz der Kirche stehen.

Ist das nicht verrückt, alles hinzuschmeißen, was man hat, für nichts? Es klingt für mich nach einer Sinn-Suche. Ein Bekannter von mir, der im Job ziemlich erfolgreich gewesen ist, hat mit Ende Zwanzig nach einem Burnout sein komplettes Eigentum verkauft, um dann wegzufahren und ne Pause zu machen. Es ist also gar nicht mal so abwegig und altbacken, was Franz damals getan hat.

Und seine Geschichte geht weiter: Franz gründet einen Bettelorden. Er beruft sich auf die Bibel und will ein einfaches Leben ohne Besitz und in Einklang mit der Natur leben. Und er geht weiter, er will, dass der Papst diesen Orden anerkennt. Das ist sicherlich nicht einfach, denn der Papst strebt nach wirtschaftlichen und politischen Einflüssen, in einer Kirche, die zerrissen ist und in der es viele Streitereien gibt. Ein starker Kontrast zu dem, was Franz möchte. Er möchte sich nicht abspalten von der Kirche, sondern innerhalb der Kirche neu orientieren. Und er schafft es und überzeugt den Papst.

Dieser Franz zeigt, dass es möglich ist, sich als kleiner gläubiger Mensch den Großen kritisch, aber auch konstruktiv mit Erfolg entgegenzustellen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36374
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