Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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19OKT2022
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Dich schickt doch der Himmel! Das habe ich mir gedacht, als mir folgendes passiert ist: Mein Tag bei der Arbeit ist alles andere als prickelnd verlaufen. Der Computer wollte nicht, Besprechungen wurden verlegt und Abgabetermine vorgezogen. Ein Chaos vorne und hinten, ich bin viel zu spät aus dem Büro gekommen.

Und dann musste ich auch noch rennen, damit ich meinen Zug erwische. Wenigstens habe ich ihn erreicht. Ich bin eingestiegen und schon ist er losgefahren. Ich setze mich auf den letzten freien Platz in einem Vierer-Bereich neben drei älteren Frauen und atme erstmal durch. Nur um dann festzustellen, dass ich gar kein Ticket gelöst hab und meinen Geldbeutel auch noch im Büro vergessen habe. Aber wenn es läuft, dann läuft es. Denn zu allem Überfluss kommt keine fünf Minuten später ein Fahrkartenkontrolleur vorbei.

Ich bin fix und fertig. Erschöpft, voller Frust und jetzt leicht panisch. In Gedanken versuche ich mir Worte zu Recht zulegen, die meine Situation beschreiben und hoffe, dass mir der Kontrolleur glauben wird. Und dann werde ich beim Denken unterbrochen. Denn die Frau neben mir beugt sich plötzlich zu mir rüber und flüstert mir zu: „Sie können auch bei uns mitfahren, wir haben ein Ticket für 5 Personen.“

Das gibt’s doch nicht. Dich schickt doch der Himmel! Da sitzt doch tatsächlich jemand neben mir, der anscheinend gemerkt hat, was mit mir gerade los ist und will mir aus der Patsche helfen. Ich bin sprachlos und alles, was ich hervorbringe, ist ein Einfaches „Danke“. Ich bin so erleichtert.  

„Dich schickt der Himmel“– diesen Satz habe ich in meinem Leben schon mehrfach sagen können. Für mich ist das ein Hinweis dafür, dass es diesen Himmel geben muss. Den Himmel, in dem ein Gott zu Hause ist, der es gut mit uns Menschen meint. Und deshalb lässt er uns auch das immer wieder über kleine Botschaften spüren: Wir sind nicht allein. Nämlich dann, wenn sich zum Beispiel Menschen für andere einsetzen, die geflüchtet sind. Dann, wenn Menschen anderen Menschen beistehen, die etwas oder vielleicht sogar alles verloren haben. In ungewöhnlichen Situationen, wenn Menschen keinen Ausweg sehen oder auch dann, wenn es gar nicht erwartet wird, wie beispielsweise bei meiner Begegnung im Zug. Und dann spielt es auch keine Rolle, ob man sich kennt oder nicht. Was zählt ist wachsam sein und zusammenzuhalten!

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