SWR2 Wort zum Tag

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07OKT2022
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Vor ein paar Wochen bin ich in Brüssel gewesen. Es war einer der letzten heißen Tage, die Sonne hat mit aller Kraft vom Himmel gebrannt. Am späten Nachmittag bin ich vor der Hitze und dem grellen Sonnenlicht in eine der vielen Kirchen in der Innenstadt geflohen. Meine Augen haben eine Weile gebraucht, um sich an das Halbdunkel zu gewöhnen – dann habe ich gesehen, was mich bis heute fasziniert: Überall auf dem Boden der Kirche waren herrlich bunte Lichtflecken. Hier ein großer, roter Kreis, so intensiv wie die Liebe selbst. Daneben ein blaues Dreieck, strahlend fast wie der Himmel da draußen. Etwas weiter hinten ein grüner Halbkreis, leuchtend wie frisches Frühlingsgras. Überall auf dem Boden der Kirche strahlende Lichtflecken, vielfach kombiniert in ihren Farben und Formen. Wie ein riesengroßer Blumenstrauß im Hochsommer.

Nachdem ich eine Weile fasziniert in dieses Farbenvielfalt auf dem Kirchenboden eingetaucht bin, habe ich mich umgeschaut. Woher kommt die Farbenpracht? Ich entdecke an der linken Seitenwand vier hell erleuchtete Kirchenfenster. In ihnen sind Personen dargestellt, in bunten Farben. Szenen aus der Bibel sind es. Das Sonnenlicht strahlt mit seiner ganzen Kraft in eine Maria hinein, die dort dargestellt ist. Und auch in ihre Schwester Marta. So kraftvoll werden die beiden von der Sonne angestrahlt, dass das Rot und das Blau ihres Gewandes die herrlichen Lichtflecken auf den Kirchenboden werfen. Die Umrisse der Gestalten haben sich aufgelöst, aber ihre Leuchtkraft ist geblieben.

Ich denke mir: Was ich hier sehe, ist wie ein Gleichnis auf das Leben außerhalb dieses Kirchengebäudes. Immer wieder begegne ich Menschen, die etwas ausstrahlen. Eine Frau wie Marta, die dreimal in der Woche einer Ukrainerin hilft. Ein Mann wie Maria, der beim Beten eine große Kraft ausstrahlt.  Das macht mein Leben so bunt und vielfarbig wie der Kirchenboden hier drin. Und ich glaube: Diese Menschen strahlen etwas aus, weil sie selbst angestrahlt werden. Von einer größeren Lichtquelle, der wahren Sonne. Von Gott. So, wie die Sonne in die Kirchenfenster hineinstrahlt und die Personen in den Kirchenfenstern dadurch vielfarbige Lichtflecken auf den Boden werfen, so bringt Gott Menschen zum Strahlen. Ihr Auftreten und ihr Tun wird vielfarbig und hell.

Wie gut, dass Gott Menschen nutzt, um durch sie hindurch Licht in die Welt zu bringen. Heute will ich besonders aufmerksam sein: Wenn mir ein Mensch etwas Gutes tut, was mein Leben bunter macht und zum Leuchten bringt – dann will ich der wahren Lichtquelle dahinter danken. Gott, der Sonne des Lebens.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36299
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