Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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07OKT2022
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Vor kurzem ist ein Freund gestorben. Nach der Beerdigung hatte ich noch einen Gedankenaustausch per Mail mit einem seiner Söhne. Ich habe ihm dabei auch geschrieben: „Dass ich bei der Beerdigung dabei war, das war für mich eine Ehren-Sache; ‚jemandem die letzte Ehre geben‘ ist mir wichtig - auch wenn ich weiter an ihn denken und für ihn beten werde. In Zukunft werde ich jedes Jahr an seinem Geburtstag und Todestag eine Messe für ihn feiern.“

Auf diese Passage antwortete der Sohn: „Es tröstet mich wirklich sehr, dass mein Vater nicht vergessen wird. Ich bin ihm sehr dankbar für ganz Vieles! Der Begriff der Ehre scheint mir in diesen Zeiten nicht besonders en vogue zu sein.Umso mehr beeindruckt mich diese Haltung, wenn ich das sagen darf.“

Für mich steckt in dieser Redewendung „jemandem die letzte Ehre geben“ sehr viel drin.

Direkt gemeint damit ist, dass man mit der Beerdigung mitgeht, dass man den Toten auf seinem letzten Weg begleitet. Das ist ein äußeres Zeichen, das etwas Inneres widerspiegelt. Darin kommt meine Beziehung zu dem Verstorbenen zum Ausdruck, dass er mir wichtig war, dass ich ihn schätze, dass er mir etwas bedeutet. Mehr noch: Die Redewendung „jemandem die letzte Ehre geben“ macht darauf aufmerksam, dass jedem Menschen Ehre zukommt. Jeder Mensch trägt in sich eine ihm eigene, unverlierbare Würde, einen unbedingten Wert, seine Ehre. Ich kann den anderen ent-würdigend und ent-ehrend behandeln - und ich kann so mit ihm umgehen, dass er seinen Wert und seine Ehre spürt.

Wenn ich einem Menschen schon zu Lebzeiten so begegnet bin, dann ist umso mehr dahinter, wenn ich ihm auch „die letzte Ehre gebe“. Dann hängt die „letzte Ehre“ nicht in der Luft, sondern dann ist sie die Vollendung der Wertschätzung, die ich diesem Menschen vorher schon entgegengebracht habe. Darauf kommt es letztlich an.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36296
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