SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

18SEP2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Musik 1

Was, wenn alles fällt? Wenn wir in den Nachrichten die Ruinen sehen? Wenn alles bröckelt und zerfällt, woran man ein Leben lang geglaubt hat? Diese Erfahrung beschreibt das Lied von Rudolf Alexander Schröder. Der Text ist von 1936, die Melodie nur wenige Jahre jünger. Und doch könnte das Lied fast von heute sein. So genau beschreibt es unsere gegenwärtige Erfahrung.   

Aber gerade in diesem Unheil will der Dichter und Architekt Rudolf Alexander Schröder uns ermutigen: „Halte du den Glauben fest, dass dich Gott nicht fallen lässt: er hält sein Versprechen.“

So viel spricht gegen einen zuversichtlichen Blick auf die Welt. Der Dichter kennt die Einwände. Er benennt sie und setzt doch etwas dagegen: Vertrauen. Gottvertrauen. In diesem Vertrauen kann man sich noch einiges Düstere anschauen.

Musik 2

Frevel, das ist Gewalt und Übermut. Das ist gezielte, bewusst eingesetzte Bosheit. Der Frevler macht vor nichts Halt. Nicht einmal vor dem Heiligen. Als Schröder sein Gedicht 1939 veröffentlichte, hatten in Deutschland schon die Synagogen gebrannt. Was Menschen heilig war, wurde mutwillig geschändet. Und heute werden in der Ukraine Raketen auf Kirchen, Krankenhäuser und Kindergärten geschossen.

Aber während nicht nur Burgen, sondern auch Gotteshäuser in Trümmer fallen, vertraut Schröder darauf, dass am Ende die Gerechtigkeit den Sieg behalten wird. Er ist davon überzeugt: Auf Frevel gegründete Macht wird niemals Bestand haben.

Musik 3

Unrecht und Unheil sind so alt wie die Welt. Überall und zu allen Zeiten waren sie verbreitet. „Schau dir’s an!“, sagt das Lied. Schau nicht weg! Bleib stehen! Lass dir keine Angst einjagen!

Aber das ist leichter gesagt als getan! Angst ist die schärfste Waffe des Frevlers, des Gewalttäters. Rudolf Alexander Schröder war homosexuell. Er hat in ständiger Angst gelebt, dass der Unrechtsstaat darauf aufmerksam würde. „Stehe fest! Nur wer sich nicht schrecken lässt, darf die Krone tragen“, dichtet er selbstbewusst – und hat sich doch auch einmal verbogen, damit ihm nichts passierte. Nach dem Krieg hat er sich deshalb heftige Vorwürfe gemacht. Aber eigentlich macht ihn diese Angst sehr menschlich.

Gerade weil es ihm selbst so schwer fiel, finde ich seine Worte so glaubwürdig: „Fass ein Herz und gib dich drein; Angst und Sorge wird’s nicht wenden. Deine Zeit und alle Zeit stehn in Gottes Händen.“ Darauf kann ich bauen.

Musik 4

 

--------------------------------------

Musikangaben:

Es mag sein, dass alles fällt (EG 378)
Geilsdorf, Paul; Schröder, Rudolf Alexander;
Es mag sein, dass alles fällt für Baß und Chor a cappella
Ja, ich will euch tragen - Jochen Klepper und seine Zeitgenossen
Das Solistenensemble; Schnitter, Gerhard

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36182
weiterlesen...