Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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06SEP2022
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„Es muss doch irgendeinen Weg hier raus geben", sagte der Narr zum Dieb.
"Es gibt so viel Durcheinander und ich kann keine Hilfe finden“. Das sind die ersten Zeilen von „All along the watchtower“, einem Song von Bob Dylan aus dem Jahr 1967. Da war Amerika gerade im Chaos des Vietnamkrieges versunken und Dylan musste die körperlichen und seelischen Folgen eines Motorradunfalls verarbeiten. Dementsprechend düster sind die Texte, die er in dieser Zeit schreibt. Und „All along the watchtower“ ist einer davon. Da treffen sich zwei Außenseiter der Gesellschaft, der Narr und der Dieb und reden über den Weltuntergang. Und Bob Dylan spart im Text nicht mit düsteren Anspielungen. Am Ende des Songs reiten zwei geheimnisvolle Männer auf uns zu und der Wind beginnt zu heulen. Sind das apokalyptische Reiter, die das Ende ankündigen? Zarte Gemüter können da schon Gänsehaut bekommen. Und ich finde es ehrlich gesagt schon ein wenig unheimlich, wie aktuell die Zeilen seines Liedes heute, 55 Jahre nach ihrer Entstehung, immer noch oder schon wieder sind.

„Geschäftemacher trinken meinen Wein, Totengräber pflügen meinen Grund.
Und niemand weiß, was wirklich wichtig ist, in dem weiten Erdenrund.“ So geht der Text weiter. Und der Dieb meint nur: „Wir zwei sind durch damit. Lass uns aufhören mit dem ganzen Geschwätz. Es ist schon spät.“ Ist das Resignation? Wundern würde mich das nicht. Denn ehrlich gesagt, es würde schon passen. Ich selber war noch nie so ratlos wie heute, wenn ich den Zustand der Welt betrachte. Aber resignieren, die Schultern hängen lassen? Nicht wirklich! Eine Sache, die mir immer wieder dabei hilft, die Arme hoch zu reißen und den Kopf nicht hängen zu lassen, ist die Musik. Auch die von „All along the watchtower“. Aber nicht in der sparsamen, düsteren Version von Bob Dylan. Jimi Hendrix hat den Song gecovert und weltberühmt gemacht. Bis heute. Gerade jetzt habe ich eine ganz tolle Liveaufnahme meiner aktuellen Lieblingsband, der Tedeschi/Trucks Band gehört. Diese Musik und die Art, wie das Publikum mitgeht, sind der lebendige Beweis dafür, dass Musik ein Geschenk des Himmels ist. Ein Geschenk das meinem Leben Kraft und Würze gibt. Von Jimi Hendrix stammt übrigens auch der Satz: „Wenn auf dieser Welt irgendwas verändert werden muss, dann kann das nur mit Hilfe der Musik möglich sein.“ Da ist wirklich was dran, gerade in düsteren Zeiten. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36112
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