SWR3 Gedanken

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30AUG2022
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Seit einigen Wochen habe ich einen neuen Job. Ich bin noch gar nicht richtig angekommen, muss mir noch einen Überblick verschaffen. Und doch merke ich schon in den ersten Tagen: Die meisten, denen ich begegne, haben schon eine Vorstellung davon, wer ich bin und was meine Aufgabe ist. Und wie ich die am besten angehen sollte. Das liegt auch daran, dass sie meinen Vorgänger kennen. In vielen Gesprächen spielt er noch eine Rolle, obwohl er schon eine Weile nicht mehr da ist. Ich kenne meinen Vorgänger nicht und trotzdem haben viele Erwartungen, die jetzt an mich gestellt werden, mit ihm zu tun. Damit, wie er gearbeitet hat und was ihm wichtig war. Ich verstehe das. Trotzdem ist es für mich auch schwierig. Ich bin nicht er, sondern habe eigene Vorstellungen davon, wie ich meine neue Stelle ausfüllen will. Einige Erwartungen werde ich dabei wohl oder übel enttäuschen.

Das ist ein blödes Gefühl. Ich bin neu hier und will erst mal niemanden vor den Kopf stoßen. Ein älterer Kollege hat mir dafür einen wertvollen Tipp gegeben: „Versuch gar nicht erst, es allen recht zu machen. Das klappt sowieso nicht. Überleg Dir lieber gut, welche Erwartungen Du erfüllen willst. Wenn Du das für Dich entschieden hast, ist es eine gute Sache, andere Erwartungen zu enttäuschen.“

Ent-täuschen heißt, eine Täuschung zu beenden. Also offenzulegen, was ich kann und will und womit ich nicht dienen kann. Ich bin nicht mein Vorgänger und das ist gut so. Ich werde einiges anders machen als er. Wichtig ist vor allem, dass ich dabei mit offenen Karten spiele. Damit alle wissen, woran sie bei mir sind. Und wann sie sich auf mich verlassen können.

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