SWR2 Wort zum Tag

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31AUG2022
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Endlich haben kluge Menschen Wege gefunden, wie ich jeden Tag Zeit sparen kann. Zumindest verspricht mir das die Werbung. Lebensmittel kann ich jetzt online kaufen oder da ist der neue Staubsauger, der alles doppelt so schnell reinigen soll.

Ich würde der Werbung ja gern glauben, doch ich wurde zu oft enttäuscht. Obwohl ich schon vieles ausprobiert habe: von der gesparten Zeit habe ich nie etwas bemerkt. Beim neuen Handy gibt es zum Beispiel so viele Funktionen, dass ich eher mehr Zeit brauche. Angeblich ist alles einfacher geworden, aber mein Tag hat trotzdem nur 24 Stunden.

Darum habe ich es aufgegeben, Zeit sparen zu wollen. Denn wie viel Zeit ich noch auf meinem Lebenskonto habe, das weiß ich nicht. Vielleicht lebe ich noch 30 oder 40 Jahre, vielleicht kommt aber auch ein Unfall oder eine Krankheit dazwischen. Da zählt keine Zeit, die ich irgendwo gespart habe.

Diese unbequeme Wahrheit steht schon in der Bibel. Da sagt Jesus: Niemand kennt den Tag und die Stunde, an dem das eigene Leben endet. Darum sollten wir nicht so tun, als könnten wir frei darüber verfügen. Niemand hat zuhause eine Kiste, in der sich Monate und Jahre sammeln lassen. Die Zeit liegt in Gottes Hand. Jesus rät uns: Seid wachsam. Überlegt Euch, worauf es im Leben wirklich ankommt.

Mir gefallen die klaren Worte, die Jesus da ausspricht. Ich verstehe ihn so: Lass Dich nicht einfach vom Alltag treiben und tu nicht so, als könnte alles ewig so weitergehen. Sei Dir bewusst, dass Deine Lebenszeit begrenzt ist und morgen schon alles anders sein kann. Darum spielt eine Frage für ein christliches Leben eine wichtige Rolle: Was täte ich, wenn mein Leben in ein paar Tagen enden würde? Mit wem müsste ich mich noch aussprechen? Was braucht meine Seele, um frei und unbeschwert zu sein?

Ganz praktisch gehört für mich dazu, dass ich meiner Frau eine Vollmacht für mein Konto bei der Bank erteilt habe. Falls mir etwas passiert, gibt es an der Stelle kein hin und her. Und ich will nicht darauf vertrauen, wichtige Dinge irgendwann zu erledigen. Darum werde ich im Herbst einen Freund besuchen, den ich schon oft vertröstet habe.

Über den eigenen Tod nachzudenken, scheint nicht in unsere Zeit zu passen. Für mich geht es dabei nicht darum, irgendwo Zeit zu sparen und immer noch mehr erleben zu müssen. Für mich geht es darum, meine Lebenszeit als so wichtig zu begreifen, dass ich über Tage und Wochen hinausdenke. Dann erkenne ich, was meinem Leben wirklich Bedeutung und Sinn gibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36014
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