SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

01SEP2022
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Irgendwie ist das Konzept „Urlaub“ seltsam. Das fängt schon damit an, dass ich merke, wie schwer es nach dem Urlaub ist, sich wieder auf den Alltag umzustellen. Da bin ich ja sicher nicht der einzige, dem es so geht. „Urlaub“ – Das Wort kommt von „Erlauben“ und hängt damit zusammen, warum ich gerne mehr davon hätte. Im Urlaub kann ich mir so vieles erlauben und genießen, was sonst nicht geht. Ich schlafe lange aus, lege meine Armbanduhr ab, weil ich keine Termine habe, und ich muss mich an keine Kleidungsordnung halten. Statt Hemd und Sakko trage ich nur T-Shirt und kurze Hosen und vor allem: keine Socken. Das ist für mich der Inbegriff dieser Freiheit, die ich im Urlaub erlebe.

Nach dem Urlaub ist erst mal Schluss mit diesen Erlaubnissen, mit dieser Freiheit. Dann geben mein Stundenplan und der Terminkalender den Takt vor. Und ich muss meine Zeit wieder effektiv einplanen, wo ich vorher sogar Langeweile als Erholungsmoment genießen konnte.

Ist Arbeit also etwas Starres, das mich total einschränkt? Und Urlaub der totale Gegensatz dazu, weil ich da völlig frei bin? In meinen Augen passt das nicht: Arbeit macht unfrei. Und ein kurzer Urlaub muss das ausgleichen. Es ist verkehrt, Arbeit und Urlaub so gegeneinander auszuspielen.

Für mich als Christ gehört die Arbeit zum Sinn meines Lebens. Sie macht mich auf eine andere Weise frei, weil ich mich bei der Arbeit verwirklichen kann, meine Fähigkeiten entdecke und erweitere. Und ich bin überzeugt, dass wir uns gegenseitig mit unserer Arbeit dienen. Ich habe ja etwas von der Arbeit der anderen – die Schuhe, die ich anziehe, habe ich ja nicht selbst gemacht. Und andere haben etwas von meiner Arbeit, weil ich als Lehrer dazu beitrage, dass es qualifizierte und kompetente Menschen in unserem Land gibt.

Wenn ich in den kommenden Tagen wieder an die Arbeit zurückkehre, will ich mich darauf freuen: Weil ich anderen Menschen mit meiner Arbeit einen Dienst erweisen und weil ich das mit anderen gemeinsam tun kann. Deshalb ist Arbeit ein Teil meines Lebens, der es wertvoll macht. Und ich will überlegen, wie ich die Freiheiten des Urlaubs so integriere, dass ich möglichst viel von meinem Urlaub im Alltag erlebe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36010
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