SWR4 Abendgedanken

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31AUG2022
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So nah und doch so fern. Wir sind nur ein paar Kilometer über die Grenze nach Salzburg gefahren und doch sind wir jetzt Gäste in einem anderen Land. Wir haben eine Freundin besucht, die mit ihrer Familie in Salzburg lebt. Ich habe das genossen. Freunde besuchen und Kurzurlaub in einem.

Dass es mir da so gefällt, liegt natürlich in erster Linie an dem Wiedersehen mit meiner Freundin und ihrer Familie. Aber ich habe auch genossen, dass ich im Ausland bin. Nach der langen Zeit, in der fast niemand reisen konnte, ahne ich jetzt, wie es für Menschen ist, die nie raus kommen.

In Salzburg war vieles so ähnlich wie zuhause. Und doch haben viele Kleinigkeiten gezeigt, dass ich im Ausland bin. Die andersfarbigen Straßenschilder oder die anderen Begriffe auf der Speisekarte im Café, wo ich Marillenkuchen mit „Schlagobers“ bestellen kann. So nah und doch so fern oder fremd eben.

Was mich beim Reisen anzieht, ist das Fremde, dem ich begegne. Wenn ich reise, will ich sehen, wie andere Menschen leben, wie sie reden, was sie essen, wie sie denken und wie sie zusammenleben. Ich lerne gerne andere Kulturen kennen. Und weg von zuhause erhole ich mich besser. Meistens komme ich bereichert zurück und denke, es wäre in vielen Situationen gut, wenn ich ein bisschen österreichischer, spanischer oder italienischer sein könnte. Ich lebe gerne in Deutschland und bin froh, dass ich hier zuhause bin. Aber es gibt Tage, da bin ich antriebslos und könnte einen Schuss spanisches Temperament vertragen, und Tage, da würde italienischer Chic meinen Alltag veredeln. Dieses Mal in Salzburg habe ich Menschen erlebt, die so freundlich waren, dass ich mich als Gast erhaben gefühlt habe. So galant und freundlich will ich meine Gäste künftig auch empfangen.

Wenn ich auf Reisen fremde Welten kennenlerne, habe ich noch etwas davon, wenn ich wieder zuhause ankomme. Ich übernehme davon gerne Impulse und Ideen in mein Leben und meinen Alltag. Deshalb bin ich dankbar, dass unsere Welt so viele unterschiedliche Kulturen hat und will offen sein, viele von ihnen kennenzulernen. Das geht ja nicht nur, wenn ich in andere Länder reise. Das geht auch umgekehrt. Wenn ich zuhause bin und auf Menschen treffe, die aus anderen Kulturen zu uns kommen. Da kann ich ihnen ja genauso mit offenem Interesse begegnen, ihre Lebensart kennenlernen und mich davon ansprechen lassen. Als ob ich auf Reisen wäre.

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