Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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02SEP2022
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Scham, das ist etwas, worüber wir nicht oft reden, stelle ich fest. Dabei ist es laut Forschern eines der stärksten Gefühle überhaupt. Und ich kenne das nur zu gut, dass ich rot werde, ohne es zu wollen, dass ich mich schäme, manchmal ohne zu wissen wofür. Und was Menschen dann beschreiben, ist so etwas wie ein Kloß im Hals, ein Druck, vielleicht auch ein Fluchtimpuls.

In der Schule, wenn abgefragt wird und es einen dann doch unerwartet erwischt: Scham. Oder wenn jemand sagt: du hast da was im Gesicht und ich denke: wer hat mich jetzt so gesehen? Dann schäme ich mich. Wir lernen früh, dass es sich nicht gut anfühlt, sich zu blamieren – selbst, wenn das niemand sagt. Kinder spüren Scham sehr früh. Nicht auffallen. Nicht versagen, nicht enttäuschen. Die anderen lachen vielleicht über mich.   Ein uraltes Thema.  Schon in Jesu Zeiten. Er hat gerade die aufgesucht, denen alle Welt zurief: Schämt Euch!  Er sprach zum Beispiel mit einer Ehebrecherin. Oder mit Zachäus, dem zu klein geratenen Zöllner, den niemand mochte. Mit Aussätzigen, die sich für ihre Krankheit schämten.

Jesus hat Worte gefunden, die Fehler nicht vertuschen. Die offen waren, aber nicht abwertend.  Er sagt: niemand hat das Recht, schlecht zu reden oder gar Steine zu werfen. Sondern mit Gott im Reinen zu sein, darauf kommt es an. Der will nämlich nicht, dass wir in unserer Scham feststecken wie in einem Sumpf.

 Deshalb hat Jesus das vorgelebt: Nicht Beschämen, sondern Entlasten. Vergeben. Aufrichten. Was für ein Vorbild bis heute, wo immer noch manche andere beschämen und selber dreist und unverschämt sind. Leider scheint es leichter, sich über andere lustig zu machen als solidarisch zu sein und barmherzig. Daher: Was Jesus hier macht, kann heute auch eine Orientierung geben. Er lädt ein, aufeinander zuzugehen. Einander zu bestärken und zu sagen: Du bist es wert. Gott liebt dich und niemand ist besser - wir sind doch alle nur Menschen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36003
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